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Eigenständig oder von Koalitionskämpfen bedroht: Linken-Chef Klaus Lederer mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (l) während der Koalitionsverhandlungen.
© dpa

Kultursenator Klaus Lederer: Was die Kulturszene zum neuen Kultursenator sagt

Die Kultur wird in Berlin eigenständiges Ressort. Das wird begrüßt. Positiv fallen auch die ersten Reaktionen auf einen linken Kultursenator aus.

Jürgen Flimm, Intendant der Staatsoper im Schillertheater

Ein eigenständiger Kultursenator, das ist sehr zu begrüßen. Ich wünsche Klaus Lederer eine glückliche Hand, er findet ja einige Probleme vor. Beim Staatsballett muss es Gespräche geben, wahrscheinlich mit professionellen Moderatoren, damit die widerstrebenden Parteien – hier die größte Compagnie Deutschlands, dort die designierte Doppelspitze Sasha Waltz und Johannes Öhman – ein Einvernehmen finden. Gelingt das nicht, muss man neue Korsettstangen einziehen. Auch bei der Causa Chris Dercon muss analysiert und das Paket vielleicht sogar aufgeschnürt werden. Ein Beispiel: Ist der Hangar am Flughafen Tempelhof als Spielstätte überhaupt finanzierbar? Ich habe da meine Zweifel, ich fürchte, Tempelhof ist eine Chimäre. Wenn Klaus Lederer mehr Geld für die freie Szene lockermachen will, ist das absolut zu befürworten. Hauptsache, es wird nicht anderswo weggenommen.Berührungsängste zwischen der freien Szene und der Hochkultur sind ja schon lange Geschichte. Was ich ihm empfehle: Reden, reden reden. Keine einsamen Entscheidungen treffen!

Shermin Langhoff, Intendantin des Maxim Gorki Theaters

Ich wünsche dem künftigen Kultursenator spannende Diskussionen, gute Unterhaltung und viel Geld. Und Berlin wünsche ich, dass es ihm gelingt, Kultur weiterhin zu einem prioritären Anliegen für den gesamten Senat – und damit für die ganze Stadt zu machen. Toi, toi, toi.

Paul Spies, Direktor der Stiftung Stadtmuseum

Es ist ein wichtiges Signal, dass Klaus Lederer wohl ausschließlich für die Kultur verantwortlich sein wird. Die Kultur als eine Hauptsache für die Stadt, darauf kann Berlin stolz sein. In Amsterdam, von wo ich komme, ist sie ein Anhängsel des Wirtschafts- und Tourismusressorts. Lederers Vorstellung von Teilhabe und niedrigschwelligem Zugang zur Kultur passt zur Linken: Kultur für alle, das wollen wir auch als Stadtmuseum Berlin. Dafür wollen wir neue Partnerschaften eingehen, mit den Schulen, mit Institutionen in den Bezirken. Es ist gut, wenn die Kulturpolitik das demokratische Recht der Teilhabe aller unterstützt. Das gilt auch für das Humboldt-Forum: Der von Neil MacGregor in Aussicht gestellte freie Eintritt genügt ja nicht, auch hier sollte sich die Kulturpolitik für eine neue Mischung bei den Besuchern engagieren. Ein breiterer Zugang ist auch wichtig, um die Segmentierung Berlins zu überwinden, die Feindseligkeiten gegenüber der sogenannten Elite. Verbindungen bauen – wie wir es demnächst etwa mit der Hertha-BSC-Ausstellung vorhaben: Auf solche Fragen kann Klaus Lederer sich konzentrieren.

Thomas Ostermeier, Künstlerischer Leiter der Schaubühne

Meine Reaktion ist ambivalent. Mit einem eigenständigen Ressort wird die Wichtigkeit der Kultur für Berlin symbolisch anerkannt. Gleichzeitig ist noch in Erinnerung, wie der damalige PDS-Kultursenator Thomas Flierl in den Machtspielen der Koalition zerrieben wurde. Für die Kultur ist es nicht unbedingt gut, wenn ihr Parteibuch ein anderes ist als das der Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Die Linke versteht sich als Partei der Gerechtigkeit. Deshalb hoffen wir von der Schaubühne, dass es bei der Verteilung der Gelder gerecht zugehen wird. Zwischen uns und der Volksbühne klafft mit Beginn der Intendanz von Chris Dercon eine Differenz von fünf Millionen Euro – dabei bieten wir mehr Vorstellungen und spielen mehr ein. 30 Prozent unseres Budgets spielen wir selbst ein, die anderen Bühnen zwischen 5 und 8 Prozent. Das verdient Anerkennung für unsere vergleichsweise schlechter gestellten Mitarbeiter. Was die Problemfälle angeht: Ich hielte es für einen Fehler, wenn Klaus Lederer etwa den Vertrag von Dercon infrage stellen würde, bei aller Kritik, die man an dessen Ernennung üben kann.

Christophe Knoch, Koalition der freien Szene

Wir hoffen, dass Klaus Lederer der Ehrgeiz, den er vor der Wahl bekundet hat, erhalten bleibt. Was wir allerdings auch hoffen: dass ihm der Unterschied zwischen Kultur und Kreativwirtschaft bewusst ist. Die Verwandtschaft der beiden Bereiche, die Lederer nahegelegt hat, sehen wir nicht. Was uns ganz besonders wichtig ist: dass man gemeinsam verlässliche Verfahren der Zusammenarbeit entwickelt. Das hat bisher nur in Ansätzen stattgefunden. Als Kultursenator kann Lederer jetzt auch stärker einen öffentlichen Diskurs über Kultur steuern. Auch der hat in den vergangenen Jahren gefehlt.Tsp

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