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Winrich Hopp.
© Heike Steinweg

Winrich Hopp im Porträt: Was den Festivalleiter umtreibt

Seit 2006 leitet Winrich Hopp das "Musikfest Berlin". Mit ebenso anregenden wie anspruchsvollen Programmen hat er sich einen hervorragenden Ruf erworben. Das Publikum vertraut ihm und wagt während des Festivals mehr als im Konzertalltag.

Wenn Orchester auf Tournee gehen, trumpfen sie gerne mit großem sinfonischen Repertoire auf, mit Beethoven-Zyklen, monumentalen Mahler-Sinfonien oder brillanten Strauss’schen Tondichtungen. Von den Musikern, die beim Musikfest Berlin 2010 auftreten werden, hat sich Winrich Hopp, der künstlerische Leiter des aus den Festwochen hervorgegangenen Festivals, genau das Gegenteil gewünscht: Sie sollen stattdessen selten gespielte Werke von Janáček und Bartók, Lutoslawski und Britten mitbringen. Orchester herauszufordern, ist Winrich Hopps Leidenschaft: Mit sanftem Nachdruck bearbeitet er die Edelklangkörper so lange, bis sie sich von seinen Ideen anstecken lassen, seinen programmatischen Ansatz zu dem ihren machen.

Uraufführungen macht jeder Intendant gerne - weil sie mediale Aufmerksamkeit garantieren und sich hervorragend als Feigenblatt in Subventionsberechtigungsdebatten nutzen lassen. Wer aber die Erinnerung an wegweisende Partituren der Nachkriegszeit wach halten will, muss hart kämpfen, gegen die Beharrungskraft der Apparate und gegen mangelnde Neugier bei weiten Teilen des Publikums wie der Künstler. Seit er 2006 die künstlerische Leitung des "Musikfest Berlin" übernommen hat, stellt sich Hopp dieser Herausforderung mit diplomatischer Raffinesse und missionarischer Beharrungskraft. Seine bisherigen Musikfest-Schwerpunkte zu Ives, Varèse und Debussy, Stockhausen, Messiaen und Bruckner oder auch Schostakowitsch und Xenakis haben ihm Respekt in der hauptstädtischen Klassikszene verschafft, und auch die Zuschauer sind mittlerweile bereit, sich von seiner anspruchsvollen Auswahl überzeugen zu lassen.

Geboren wurde Winrich Hopp 1961 in Berlin, er studierte zunächst Musik und anschließend Musikwissenschaft sowie Philosophie. An der Universität Freiburg promovierte er mit einer Arbeit über die Musik Karlheinz Stockhausens. Anschließend war er als Pressereferent beim Kulturamt der Stadt Dresden für das Dresdner Zentrum für zeitgenössische Musik tätig, wurde 1997 mit der künstlerischen Produktion und Dramaturgie für die „musica viva“-Konzertreihe des Bayerischen Rundfunks beauftragt und wechselte 2002 zur Kunststiftung des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, in deren Vorstand er berufen wurde. Er war Vorstandsmitglied des Instituts für Neue Musik und Musikerziehung in Darmstadt und Gründungsmitglied der Internationalen Ensemble Modern Akademie e.V. in Frankfurt am Main. Seit 2006 ist er Künstlerischer Leiter des „Musikfest Berlin“ der Berliner Festspiele. 2011 wurde Winrich Hopp zudem zum künstlerischen Leiter der Münchner „musica viva“ berufen. Dort erregte er jüngst mit der Aufführung von Stockhausens "Samstag" aus dem Zyklus "Licht" einen großen Erfolg beim Publikum wie bei der internationalen Presse.

Mit seinen Programmzusammenstellungen will Hopp beim Berliner "Musikfest" immer wieder "Konstellationen schaffen, die aus sich selber etwas zu erzählen beginnen". Dabei gelingt ihm auf beeindruckende Weise der Spagat zwischen Geist und Glamour, den man bei seinem Geldgeber, dem Staatsminister für Kultur und Medien, vom Musikfest erwartet. Er präsentiert Spitzenorchester aus Europa und den USA, die sich aufgrund der niedrigen Berliner Preisstruktur unsubventioniert kaum noch in die Hauptstadt holen lassen, und ermöglicht es den hauptstädtischen Orchestern, den illustren Gästen auf Augenhöhe zu begegnen.

Es gibt Festivals, die funktionieren wie kommerzielle Partys: Man zahlt Eintritt und wird dafür unterhalten. Winrich Hopp aber will ein Fest feiern, so wie bei einer privaten Einladung, wenn alle etwas beitragen wollen zum Gelingen des Abends. Mit Gleichgesinnten, mit Freunden kann man auch über ernste und letzte Dinge sprechen. Sein Motto für ein gelungenes Festival lautet: "Das Wichtigste ist doch, dass die Zuhörer am Abend spüren, dass hinter den Programmen eine Obsession steckt: die der Macher wie auch die der Musiker." Wer will da widersprechen?

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