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James Bond-Darsteller Daniel Craig.
© Fabrizio Bensch/Reuters

Nachfolger für Daniel Craig: Warum der Männlichkeitswahn um James Bond lächerlich ist

Die Bond-Produzentin Broccoli legt sich fest: Agent 007 bleibt ein Mann. Das zeugt von Feigheit und schlimmen Geschlechterstereotypen. Eine Empörung.

Jetzt ist es also raus. James Bond bleibt ein James. James Bond bleibt ein Mann. Lange war spekuliert worden, ob es denn nicht endlich an der Zeit sei, dass eine Frau die Nachfolge des britischen Schauspielers Daniel Craig antreten könnte. Im April wird er in „Keine Zeit zu sterben“ das letzte Mal den Agenten 007 verkörpern.

Doch nun verkündete die langjährige Bond-Produzentin Barbara Broccoli gegenüber dem US-Branchenblatt Variety: "Er kann jede Hautfarbe haben, aber er ist männlich". Sie halte nichts davon, dass ursprünglich männliche Rollen für Frauen umgeschrieben werden: "Ich denke, Frauen sind weitaus interessanter als das". 

Was für ein starres Geschlechterverhältnis, das aus dieser Begründung spricht. Es gibt doch längst Agentinnen im Film. Man denke an "3 Engel für Charlie", an Angelina Jolie in "Mr. & Mrs. Smith" oder "Salt". Könnte man nicht ebenso argumentieren, dass Fußball ursprünglich von Männern erfunden wurden? Oder Rockmusik? Oder Naturwissenschaft? Ach wo, Frauen können doch weitaus interessantere Tätigkeiten ausüben. Wie wäre es mit Reiten, Klavier spielen und einem Germanistikstudium?

Muss James Bond einen Penis haben?

Und singen können sie ja auch: Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Popsensation Billie Eilish das Titellied für "Keine Zeit zu sterben" geschrieben hat. Sie ist die letzte in einer Reihe von Frauen, die die maskulinen Wüteriche auf der Leinwand besungen haben. Auch Adele, Alicia Keys, Madonna, Tina Turner oder Sheryl Crow durften. Und mit Sam Smith sogar eine Person, die sich mittlerweile als nichtbinär bezeichnet.

Solch Flexibilität gilt aber nicht für den Hauptdarsteller. Was aber haben der zynische Macho-Bond Sean Connery, der ironisch-alberne Bond von Roger Moore und der brutale und unterkühlte Bond von Daniel Craig denn gemeinsam, was so verteidigenswert erscheint? Vermutlich tragen sie alle einen Penis. Qualifiziert das alleine für die Agentenrolle? Und selbst wenn: Umgewöhnen musste sich das geneigte Publikum seit Bestehen der Serie ohnehin alle paar Jahre. Denn auch Penisträger bekommen Falten und werden steif in der Hüfte.

Bestehen eben doch nur Männer "Im Angesicht des Todes". Dürfen nur Männer über „Leben und sterben lassen“ entscheiden? Haben nur Männer die "Lizenz zum Töten"? Zugegeben, wenn man sich in der Weltpolitik umschaut, muss man dies leider bejahen – aber muss man das auch bewahren?

Kantig, kompromisslos, soldatisch

Vergangenen Sommer wurden die Nerven der Fans des maskulinen Traditionsbewusstseins schon einmal strapaziert. Das Gerücht, dass die schwarze, britische Schauspielerin Lashana Lynch in die Agentenrolle schlüpfen könnte, machte die Runde. Entsetzen verbreitete sich in Sozialen Netzwerken. Das Gejammere erinnerte an den frauenfeindlichen Shitstorm im Vorfeld der mit weiblichen Hauptprotagonisten besetzten Neuverfilmung der "Ghostbusters".

"Wenn der Mythos Bond oder das Konzept Bond für die Menschen da draußen alleine dadurch zerstört wird, dass eine schwarze Frau im Zentrum der Geschichte steht, dann sollten wir das Konzept selbst noch einmal überdenken", sagte Sophie Charlotte Rieger vom feministischen Kinomagazin "Filmlöwin" vollkommen zu Recht.

Kantig, kompromisslos, soldatisch. Das ist der Männertypus, den der Literaturwissenschaftler Klaus Theweleit in seinem gerade wiederveröffentlichten Werk „Männerphantasien“ beschreibt. Und genau diese "Männerphantasien" sollen nun also verteidigt werden. Einmal alle drei Jahre will Mann noch eine anachronistisch gewordene Welt in der Fantasie ausleben dürfen: Sportwagen fahren, Martini trinken, rumballern und Frauen flachlegen.

James Bond ist eine popkulturelle Ikone mit Wirkmacht

James Bond ist nicht einfach nur eine Figur aus einem Film. Er ist eine popkulturelle Ikone mit gesellschaftlicher Wirkmacht. Ein Überbleibsel aus einer Zeit, als die Welt noch deutlich weißer und männlicher dominierter war. Daniel Craig höchstpersönlich erinnerte an die Misogynie seiner Figur: "Vergessen wir nicht, dass er tatsächlich ein Frauenfeind ist".

Vielleicht muss man als Darsteller erst den notwendigen Abstand zur Rolle gewinnen, um das zu realisieren. Der einstige Bond-Darsteller Pierce Brosnan festigte diesen Eindruck, als er im vergangenen September sagte: "Ich denke, dass wir den Männern nun seit den vergangenen 40 Jahren dabei zugesehen haben. Aus dem Weg, Jungs, lasst es eine Frau machen."

Wer weiß, vielleicht überrascht uns „Keine Zeit zu sterben“ im April. Vielleicht gelingt der Ausbruch aus einer der letzten cineastischen Bastionen der Maskulinität. So schwer kann es doch nicht sein, das Rezept für den altbewährten Cocktail zu ändern. Und dabei auch stereotype Geschlechterbilder in den Shaker zu geben. Gerne geschüttelt, nicht gerührt.

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