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Klassikerehren. Madonna während ihres Auftritts bei der Grammy-Verleihung.
©  AFP/Robyn Beck

Grammy-Verleihung: Von Popstars und Musikern

Es gibt monumentale 83 Kategorien. Die Grammys sind ein Versuch, der Flüchtigkeit des Pop so etwas wie Dauer zu verleihen - auch dieses Jahr wieder, bei der 57. Verleihung.

Sie ist dann natürlich wieder einmal ein großes und glamouröses Spektakel gewesen, diese von dem Rapper LL Cool J moderierte 57. Grammy-Verleihungszeremonie, die da in der Nacht von Sonntag auf Montag über die Bühne des Staples Centre in Los Angeles ging. Madonna zeigte ihren fast blanken Hintern. Rihanna trug bei ihrem Auftritt mit Kanye West und Paul McCartney einen schwarzen Hosenanzug (und war vorher auf dem roten Teppich ganz in Rosa). Pharrell Williams’ Frau Helen Lasichanch hatte sich für einen hautengen, grauen Adidas-Einteiler entschieden (und Williams selbst für Anzug-Shorts und Fliege). Und Sam Smith, der in einen weinroten Anzug gewandete Star des Abends, weil er gleich mit vier Grammys bedacht wurde, bedankte sich bei einem Ex-Lover dafür, dass dieser ihm das Herz gebrochen und ihm deshalb zum Schreiben seiner so erfolgreichen Songs animiert hatte, von „Stay With Me“ bis über „I’m Not The Only One“ bis hin zu „Money On My Mind“. Ein bisschen Zwist gab es auch, war doch Kanye West sichtbar nicht einverstanden mit der Auszeichnung für Beck und sein Album „Morning Year“ in der Katgeorie „Album des Jahres“, weil diesen Grammy seiner Meinung nach Beyoncé für ihr jüngstes Album viel eher verdient hätte.

Und sonst? Ist natürlich auch diese 57. Grammy-Verleihung wieder einmal seltsam und fragwürdig gewesen. Denn die Grammys gelten zwar als die begehrteste Auszeichung in der Musikwelt, gerade in ihrer Eigenschaft als Pendant zu den Oscars, widersprechen aber allein von ihrem Charakter her dem flüchtigen Wesen des Pop. Jedes Jahr aufs Neue hat man den Eindruck, dass hier die Popmusik von gestern ausgezeichnet wird: Ist es nicht schon eine gefühlte Ewigkeit her, dass Pharrell Williams sein Album „Girl“ und seinen Superhit „Happy“ veröffentlicht hat? Oder eben der britische Schmuse-Souler Sam Smith sein Album „In The Lonely Hour“? Nein, das passt, all das geschah im Frühjahr 2014, also „just in time“. Und es passt auch, dass diese so oft gehörten Sowieso- und Überhits ein weiteres Mal geadelt werden, geht es im Pop der Gegenwart doch immer auch um Kanonisierung, um Klassikerehren. Also eröffneten dieses Mal AC/DC den Abend, erst mit einem neuen Song, dann mit „Highway To Hell“; es spielte das Electric Light Orchestra auf, tanzte hier Paul McCartney, schlackerte dort irgendwann Prince herum.

Was wiederum dazu nicht passt: Dass anderntags auf allen Kanälen ganz pop-immanent nur über die Groß-Popstars des Abends berichtet wird, über Sam Smith (immerhin kein üblicher Verdächtiger, weil Newcomer), über Beyoncé, Rihanna, Taylor Swift, Pharrell Williams, Kanye West, Jay-Z, Lady Gaga und Kati Perry (sind es nicht jedes Jahr die gleichen Namen?). Dabei ist so eine Grammy-Verleihung eine wahre Mammut-Veranstaltung, die nachmittags beginnt und auf der Preise in gleich 83 Kategorien vergeben werden.

Es sind also nicht nur Sam Smith oder Beyoncé mehrmals mit Grammy-Ehren versehen worden, sondern auch die Johnny-Cash-Tochter Rosanne (gleich dreimal, für „Best American Roots Performance“, „Best American Roots Song“ und „Best Americana Album“) oder der große Jazzrocker und Jazzpianist Chick Corea zweimal. Oder es bekam das niedersächsische Klassiklabel CPO  den Preis für die beste Opernaufnahme, „La descente d’Orphée aux enfers“, die Deutsche Grammophon für die beste Kammermusikaufführung (von der US-Violinistin Hilary Hahn), ja, und die aus Puerto Rico stammenden Rapper Calle 13 haben das beste Latin-Rock-Album 2014 gemacht.

Zu entdecken gibt es bei jeder Grammy-Verleihung also genug, die Welt der Musik ist größer, als man bei dem Pop-Sam-Smith-Beyoncé-Trarara gemeinhin denkt. Wir verweisen also auf die Ausschüsse – und wissen sicher, dass das beste Rockalbum 2014 die Black Keys gemacht haben, nicht Beck. Und es zahlreiche Dance-und Electronic-Alben gab, die besser, interessanter und innovativer waren als „Syro“ von Aphex Twin.

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