DVD-Neuerscheinungen: Von Grenzgängern und Ölbaronen
Drei Thriller für jeden Geschmack: Das mexikanische Überlebensdrama "Desierto", Daniel Radcliffe undercover bei Neonazis in "Imperium" und der 70er-Jahre-Actionkrimi "Öl - Der nächste Mann".
"Desierto – Tödliche Hetzjagd" von Jonás Cuarón
Der Versuch, illegal von Mexiko in die USA einzureisen, wird in „Desierto – Tödliche Hetzjagd“ für eine Gruppe mexikanischer Migranten zum Horrortrip. Der Lastwagen ihrer Schlepper gibt mitten in der Wüste den Geist auf. Die Gruppe muss zu Fuß weiter durch ewig weites, totes Land an einem der heißesten Tage des Jahres. Als sie endlich den Stacheldraht der Grenze erreichen, wird es nur noch schlimmer. Sie laufen dem Scharfschützen Sam (Jeffrey Dean Morgan), einem typischen Redneck – Pickup-Truck, Whiskey, Country-Musik – vor die Flinte, der einen nach dem anderen erschießt und bald mit seinem Hund Jagd macht auf die wenigen Überlebenden. Das Gelände ist zu offen, um sich vor einem Schützen verstecken zu können, der Hund findet jede Spur – die Lage ist aussichtslos.
Gedreht wurde dieser hinterhältige Thriller 2015 von Jonás Cuarón, dem Sohn des berühmten Alfonso, der als Produzent firmiert, Mexiko schickt ihn jetzt für die Oscars ins Rennen um die Nominierungen für den besten nicht-englischen Film. Natürlich ist die Story ein Kommentar zur Situation der Flüchtlinge an der mexikanischen Grenze, doch Cuarón versucht nicht weiter, politische oder soziale Hintergründe zu beleuchten. Nur von Moises (Gael García Bernal) erfährt man, dass er zu seinem kleinen Sohn in die USA zurück will und früher wegen einer Lappalie ausgewiesen worden war. In seiner Kargheit ist der Film jedoch extrem effektiv. Es geht ums nackte Überleben. Aus Sicht der Opfer ist es schließlich egal, aus welchen Motiven heraus der Mörder sie in die Flucht schlägt.
"Imperium" von Daniel Ragussis
Als FBI-Agent ist Nate Foster (Daniel Radcliffe) ein ziemlich armer Wurm. Er wird belächelt und gemobbt. Wenn es zur Sache geht, übernehmen vorsichtshalber andere. Foster hat sich eingerichtet in seiner Opferrolle – und genau deshalb wird er von seiner Vorgesetzten (Toni Collette) für einen Undercover-Einsatz in Neonazi-Kreisen auserkoren, um einen Terroranschlag zu verhindern. Sich als ewiges Opfer fühlen zu wollen, sei Grundeigenschaft eines jeden Faschisten, meint sie später einmal in diesem aktuellen US-Undercover-Thriller von Daniel Ragussis. Und tatsächlich fällt es Foster leicht, das Vertrauen von ein paar dauerbetrunkenen Skinheads zu gewinnen, auch wenn er anfänglich den gewünschten Habitus dieser Subkultur nicht genau kennt und immer wieder Kleinigkeiten korrigieren muss, um nicht aufzufliegen.
Daniel Radcliffe spielt diese Entwicklung bis hin zum selbstsicheren Strippenzieher in „Imperium“ dermaßen überzeugend, dass man ihn sich am Ende kaum noch in der Rolle des Harry Potter vorstellen kann. Seine ersten Freunde sind dabei nur nützliche Idioten für die eigentlichen Rädelsführer, die sich hinter bürgerlichen Fassaden verstecken. Ragussis’ Film stellt die rechtsextremistische Szene dabei nicht als homogene Einheit dar, sondern als zerstrittene Gruppe, mit teilweise konträren Zielen. Fosters Kunst und die Spannung des Films liegt darin, den richtigen Leuten im richtigen Moment nach dem Mund zu reden. Der eigentliche Showdown muss dann nur noch routiniert zu Ende erzählt werden.
"Öl – Der nächste Mann" von Richard C. Sarafian
Was wäre, wenn einer käme, der auf dem Parkett der internationalen Diplomatie alles anders macht? Diese Frage stellte 1976 der Film „Öl – Der nächste Mann“ von Richard C. Sarafian. Politthriller waren in den Siebzigern ein großes Ding, doch dieser Film mit Sean Connery in der Hauptrolle wurde ein Reinfall. Connery spielt den saudi-arabischen Staatsminister Khalil Abdul-Muhsen, der nach der Ermordung seines Vorgängers zum Amtsantritt vor der UNO eine revolutionäre Rede über die Machtverhältnisse im Nahen Osten hält und vor allem das Verhältnis der arabischen Staaten zu Israel ganz anders sieht. Natürlich ist die ganze Welt in Aufruhr, Hintergrundgespräche finden statt, Drähte laufen heiß. Und natürlich passt dieser Staatsminister den wenigsten in die teuflischen Pläne. Er muss weg.
Der Film beginnt kommentarlos mit einigen Auftragsmorden (wegen Öl, irgendwie), ausgeführt unter anderem von der schönen Nicole (Cornelia Sharpe). Später wird sich Khalil in sie verlieben, wird mit ihr Backgammon spielen, auf die Bahamas reisen und dabei immer mehr zu James Bond mutieren. So richtig weiß man nicht, ob der Film jemals mehr sein wollte als eine muntere Genre-Spielerei. Bald jedoch hat man die große Erzählung vergessen und freut sich über Lokal- und Zeitkolorit, über musikalische Motive, über lässige Gesten, die Klamotten und ständig neue Frisuren. „Öl – Der nächste Mann“ ist kein wirklich gelungener Film, aber sehr unterhaltsam – als filmisches Dokument einer vergangenen Zeit.
Karl Hafner
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