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Schuss und Gegenschuss. Eine Szene aus „Mechanica Caelestium“.
© Schreiber & Leser

Die Tribute von Pan: Völkerball gegen Völkermord

Seine Prämisse ist verrückt. Trotzdem beeindruckt der Science-Fiction-Comic „Mechanica Caelestium“ künstlerisch wie erzählerisch.

Die junge Aster mit den roten Haaren und dem Fuchsschwanz lebt in der postapokalyptischen Zukunft. Umweltkatastrophen haben zu einem gestiegenen Meeresspiegel und einer neuen Ordnung geführt. In der abgelegenen Siedlung Pan, in der Aster wie eine Außenseiterin behandelt wird, hat man Probleme mit Piraten, Reis wird gegen Fundstücke von Früher getauscht.

Aster und ihr Freund Wallis plündern zum Überleben die Panzer und Läden in den verstrahlten Ruinen. Eines Tages kommt ein Gesandter des Imperiums Fortuna nach Pan und bedroht die Gemeinschaft. Die Bauern und Plünderer berufen sich auf das Schiedsgericht der Mechanica Caelestium.

Eine weitere Seite aus „Mechanica Caelestium“.
Eine weitere Seite aus „Mechanica Caelestium“.
© Schreiber & Leser

Jetzt müssen Aster und eine Handvoll anderer als Außenseiter-Team in Extrem-Völkerball-Matches gegen die Spitzenmannschaft Fortunas antreten, was über Pans Schicksal entscheiden wird: Ein Medienspektakel, da die Spielfelder, Waffen und Intrigen von Runde zu Runde krasser werden.

Der französische Autor und Zeichner Merwan Chabane („Für das Imperium“) entführt in seinem Comic „Mechanica Caelestium“ (Schreiber & Leser, 210 S., 32,80 €) in eine vertraute und doch eigensinnige Postapokalypse. Er summiert Science-Fiction-Abenteuer, ruhige Szenen und überzogene Action beim Völkerball, der sogar zum Häuserkampf wird.

Anklänge an Videogames und Animationsfilm

Die Seiten sind in Aufbau und Durchführung perfekt, und speziell den energiegeladenen Wettkämpfen merkt man Merwan Chabanes Erfahrung in den Bereichen Videogames und Animationsfilm an. Zudem verbindet er den europäischen Duktus mit Stilmitteln des japanischen Manga.

Die pastellige Kolorierung schmeichelt dem luftigen Artwork zusätzlich und macht die Postapokalypse, trotz Warnung und Mahnung, einmal mehr zum möglichen Sehnsuchtsort.

Dennoch: Politisch und gesellschaftlich relevanter Völkerball, der Revolution und Völkermord befeuert? Das dürfte eigentlich nicht funktionieren. Aber Merwans Figuren, ihre Geschichte und deren Umsetzung ist so überzeugend, dass man am Ball bleibt, selbst wenn der 1978 geborene Franzose nicht alle Nebenhandlungen ins Ziel bringt.

Ob Asters Fuchsschwanz eine Mutation, ein Modestatement oder ein Hinweis auf einen pelzigen Furry-Fetisch ist, wird etwa nie geklärt. Und am Ende ist die Prämisse mit dem postapokalyptischen Völkerball auch nicht verrückter als einst Rollerball oder die Hunger Games um die Tribute von Panem.

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