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Leben in rasendem Stillstand: Szene aus der Dokumentation "Nuclear Nation II".
© 2014 Documentary Japan, Big River Films

Fukushima-Doku auf der Berlinale: Verstrahlte Erde

Berichte aus der Sperrzone: Atsushi Funahasi dokumentiert in "Nuclear Nation II" den rasenden Stillstand im Leben der Fukushima-Geschädigten.

Fukushima bleibt ein Desaster ohne Ende. Noch immer fließt verstrahltes Kühlwasser aus den im März 2011 explodierten Atomreaktoren. 50 Jahre soll ihre Demontage dauern, 20 Jahre Japans lau verkündeter Ausstieg aus der Kernenergie. Was aber wird aus den hunderttausend Bauern und Atomarbeiterfamilien, die seit dem Tsunami und der Atomkatastrophe als „displaced persons“ verwaltet und vertröstet werden?

Atsushi Funahashi hat sich schon 2012 in seinem Film „Nuclear Nation“ für die beispiellosen Mikro-Geschichten des Ortes Futaba in der strahlenverseuchten Sperrzone interessiert. „Nuclear Nation II“ dokumentiert nun, wieder in respektvoll diskreter Haltung, den rasenden Stillstand, in dem die Bewohner seit ihrer Evakuierung verharren.

Fukushima-Flüchtlinge in Containerdörfer umquartiert

Die Jungen scheinen mit rund 8000 Euro Entschädigung woanders im Land den Neustart zu suchen, die Alten und Alleinstehenden campieren noch immer im Kunstraum einer Schule nahe Tokio, wo das Essen in Styroporboxen geliefert wird. Andere Strahlenflüchtlinge wurden in Containerdörfer umquartiert, deren vorgeblicher Komfort zu einer niedrigeren staatlichen Unterstützung führt. Der Bürgermeister, der die Präfektur mit Hilfsersuchen und Forderungen nervte, wurde handstreichartig ersetzt. Regierung, Atombehörde und Betreiberkonzern kungeln, um die Folgekosten zulasten der kleinen Leute zu drücken und Proteste gegen die Atomenergie zu lähmen.

Bilder bleiben aus diesem Film: Ein Bauer, der die Sperrzone nicht verlassen wollte, füttert seine Herde hübscher Rinder, viele davon mit schwärenden Tumoren. Eine gebeugte alte Frau nimmt im Schutzanzug noch einmal Abschied von ihrem früheren Heim. Auch ein einst wohlhabender Spinat-Farmer muss den 600 Jahre alten Familienbesitz aufgeben: Man braucht Platz für Millionen Säcke verstrahlter Erde. Die Dekontamination öffentlicher Plätze, mit der die Behörden den Neuanfang demonstrieren, ist nur eine Umlagerung. Das blühende Futaba, das 50 Jahre von Fukushimas Atomenergiefabriken profitierte, wird zur Deponie.

10.2., 16.15 Uhr (Delphi), 12.2., 19 Uhr (CineStar 8), 13.2., 21.30 Uhr (Akademie der Künste), 15.2., 19.30 Uhr (Cinemaxx 4)

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