Ruhrtriennale: Türkisches Ensemble sagt Ruhrtriennale-Auftritt ab
Weil es sich mit dem Vorwurf der Verharmlosung des Genozids an den Armeniern konfrontiert sah, sagte das türkische Hezarfen Ensemble bei der Ruhrtriennale ab. Auch das Festival selbst ist erneut in der Kritik.
Das türkische Hezarfen Ensemble hat seinen Auftritt bei der Ruhrtriennale nach Vorwürfen, den Völkermord an den Armeniern verharmlost zu haben, abgesagt. „Unsere sorgfältige Arbeit, bevor sie überhaupt gehört oder gesehen wurde, wird für politische Schlagworte und Manipulationen verwendet“, erklärten die Musiker aus Istanbul auf ihrer Internetseite. Sie wollten am Mittwoch mit ihrem Projekt „Music of Displacement“ in Essen auftreten. Die am Donnerstag gestartete Ruhrtriennale war zuvor bereits von einer Antisemitismus-Debatte überschattet worden.
Hintergrund der Absage ist Kritik des Kölner Schriftstellers Dogan Akhanli, der dem Hezarfen Ensemble und der Ruhrtriennale eine Relativierung des Völkermords an den Armeniern vorwirft. Im Programmheft heißt es, das Projekt der Musiker reflektiere „das Schicksal von Menschen und Völkern, nah an den Grenzen der Türkei, die aufgrund von Krieg und Umsiedlungen vertrieben wurden“. Als ein Beispiel werden „Umsiedlungen von Armeniern, Griechen und Türken zwischen 1915 und 1923“ genannt.
Akhanli hatte der „Welt am Sonntag“ gesagt, mit dem Text im Programmheft werde „nicht nur die planmäßige und nationalistisch motivierte Vernichtung der Armenier im Osmanischen Reich zu einer Umsiedlung verharmlost, sondern der Genozid als solcher geleugnet“. Mit dem Begriff „Umsiedlung“ bediene sich die Ruhrtriennale genau des Schlüsselwortes, das Genozid-Leugner und der türkische Staat seit Jahren propagierten.
Das Ensemble erklärte, durch die Kritik werde seine Arbeit benutzt, „um falsche Urteile und Annahmen über uns zu treffen, einfach weil wir ein Ensemble aus der Türkei sind“. Auf der Ruhrtriennale-Webseite stand am Dienstag ein geänderter Text, in dem von „unermesslichem Leid durch Vertreibungen und Umsiedlungen“ die Rede ist.
Ärger gab es auch wegen der israelkritischen Band Young Fathers
Die Ruhrtriennale, die bis zum 23. September stattfindet, sah sich zuvor bereits Antisemitismusvorwürfen ausgesetzt. Intendantin Stefanie Carp hatte einen Auftritt der schottischen Band Young Fathers abgesagt, die der umstrittenen israelkritischen Bewegung BDS (Boycott, Divestment, Sanctions) nahesteht. Später lud sie die Musiker wieder ein, was diese aber ablehnten.
Politiker und jüdische Verbände übten scharfe Kritik, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) besucht deshalb in diesem Jahr die Ruhrtriennale nicht. Als Reaktion auf die Debatte soll am Samstag eine Podiumsdiskussion über die Kunstfreiheit stattfinden. (epd)
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