Bayreuther Festspiele 2015: "Tristan und Isolde" auf dem Grünen Hügel
In Bayreuth beginnen die Richard-Wagner-Festspiele mit Katharina Wagners Inszenierung von "Tristan und Isolde". Der erste Akt ist gerade vorbei - ein Eindruck vom Grünen Hügel.
Die Diskussionsstürme über Bayreuth haben sich gelegt, der Streit um Eva Wagner-Pasquier und die Umbesetzung der Isolde ist erstmal in den Hintergrund gedrängt. Dafür könnte bald ein realer Sturm über Bayreuth wüten: Zwar herrscht traumhaftes Wetter zur Eröffnung der 104. Richard-Wagner-Festspiele, aber ein heftiger Wind umbraust das Festspielhaus.
Das Wagner-Festival, dieses Jahr zum ersten Mal unter der alleinigen Leitung von Katharina Wagner, startet in diesem Jahr mit "Tristan und Isolde". Die Festspielleiterin und Wagner-Urenkelin führt selbst Regie. Es ist ihre zweite Inszenierung in Bayreuth nach dem „Meistersingern von Nürnberg“ im Jahr 2007.
Tristan und Isolde im Treppenwald
Der Musikdirektor Christian Thielemann dirigiert die Eröffnungsvorstellung, mit viel Aufmerksamkeit und Zügigkeit. Was allerdings im ersten Akt auf der Bühne geschieht, grenzt an Regieverweigerung: Treppen, Treppen, Treppen, mehr ist auf der Bühne nicht zu sehen. Mit viel gutem Willen kann man einen Schiffsbug erkennen, zumindest ein Anzeichen für die Überfahrt des irischen Fürsten Morold nach Cornwall - der Einstieg in Richard Wagners dramatische Oper. Tristan und Isolde laufen im Treppenwald auf und ab, die Treppen bewegen sich in verschiedene Richtungen vor und zurück. Das wirkt eher wie ein Blick in die berühmte Zauberschule aus Harry Potter als Wagner-Festspiele in Bayreuth. Was es bedeutet, bleibt ungeklärt. Es könnte die verquere Seele der Protagonisten symbolisieren - das ist allerdings eine Mutmaßung. Vielleicht können der zweite und dritte Akt noch den Eindruck der eine unausgegorenen Regie retten. Eröffnet wurde die Inszenierung auf dem Bayreuther Grünen Hügel übrigens von einer Berliner Stimme: Tansel Akzeybek, der zum Ensemble der Komischen Oper gehört.
Evelyn Herlitzius als Isolde singt dauerhysterisch und mit vollen Einsatz, ihr Sopran ist scharf wie gesprungenes Glas. Sie steht ständig unter Strom, was schon fast zu viel ist für die Rolle der Isolde. Christa Meyers Brangäne wirkt wesentlich ruhiger. Stephen Gould als Tristan singt ausgeglichen, wonnevoll und balsamreich. Dennoch kommt das Gefühl auf, die beiden Sänger hätten die Rollen getauscht: Strebt Tristan von Beginn an zu Tod und Nacht hin, ist es Isolde, die von Tag und Sonne angezogen wird. In der Inszenierung von Katharina Wagner hingegen erscheint es gesanglich, als suche Isolde die Dunkelheit, Tristan sei die Lichtgestalt. Ob das Absicht ist? Die nächsten beiden Akte werden es zeigen.
Prominenz am Festspielhaus
Am Nachmittag waren zum traditionellen Hügelauftrieb zahlreiche Zuschauer am Festspielhaus eingetroffen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Stammgast in Bayreuth, gehörte zu den Gästen. Von den 1500 Schaulustigen wurde sie mit freundlichem Applaus begrüßt.
Die Wagner-Festspiele sind jedes Jahr eines der wichtigstes Ereignisse für die Klassikwelt. Seit der Gründung der Festspiele im Jahr 1876 durch Richard Wagner ist die Festspielleitung stets im Hause Wagner geblieben, seine Frau Cosima übernahm nach seinem Tod die Leitung, es folgte der Sohn Siegfried. Während des Nationalsozialismus übernahm die Schwiegertochter Winifred die Leitung, Adolf Hitler war ein gern gesehener Gast. Nach dem Krieg und nach der Gründung der "Gesellschaft der Freunde von Bayreuth" konnten die Festspiele unter der Leitung der Wagner-Enkel Wieland und Wolfgang weitergeführt werden und sind bis heute eines der größten Festivals der Klassik-Szene.
Mehr zur gesamten Inszenierung von "Tristan und Isolde" lesen Sie morgen auf tagesspiegel.de und unserer Sonderseite zum Festspielsommer.