Houston Symphony im Konzerthaus: Texas zu Gast in Berlin
Aus der NASA-Metropole in die deutsche Hauptstadt: Das Houston Symphony Orchestra unter der Leitung von Andrés Orozco-Estradá im Konzerthaus.
„No Events“, liest man derzeit im Online- Kalender der Houston Symphony. Keine Vorstellungen, daheim in der riesigen, fast 3000 Plätze fassenden „Jones Hall“. Denn das Orchester aus der texanischen NASA-Metropole ist bis Ende März auf großer Europatournee, spielt in Brüssel und Wien, Berlin und Hamburg, Essen und München. Im Mittelpunkt der Konzerte steht Musik von Antonín Dvořák. Ein Komponist, den man in Houston und überhaupt in den Vereinigten Staaten liebt – immerhin hat er sich bei seinem USA-Aufenthalt in den 1890er Jahren mit seiner berühmten Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ für die Gastfreundschaft in New York und Iowa bedankt.
Doch nicht mit der Neunten lässt Chefdirigent Andrés Orozco-Estradá den amerikanischen Abend im Konzerthaus am Gendarmenmarkt beginnen, sondern mit Dvořáks sinfonischer Dichtung „Die Mittagshexe“. In diesem unmittelbar nach der Rückkehr aus Amerika entstandenen Werk kann das klangprächtige Orchester gleich zu Beginn seine enorme Qualität zeigen. Mit fast greifbaren Klängen erzählen Hörner, Posaunen und Tuba die gruselige Geschichte, dazu mächtige tiefe Streicher, die in diesem böhmischen Orchester-Thriller für wohligen Schauder sorgen. Mit den Fingerspitzen kitzelt Dirigent Orozco-Estradá dabei feinstes Pianissimo aus den Violinen.
Triumphaler Schluss mit Dvořáks siebter Sinfonie
Eine einzelne Geige steht danach in Bernsteins „Symposion“-Serenade im Mittelpunkt. Gespielt von Hilary Hahn, die im vergangenen Jahr ihre schöne Idee verkündet hatte, spezielle Konzerte für Eltern mit Babies veranstalten zu wollen. Nach der Geburt ihrer Tochter 2015 habe sie festgestellt, dass es für diese „Zielgruppe“ keinerlei Angebote gebe. An diesem Abend nun bringt Hahn – gehüllt in ein prächtiges Umstandskleid – ihr eigenes, zweites Kind mit, dessen Geburt rührend offensichtlich bevorsteht. Nicht verwunderlich, dass Hilary Hahn die leisen Stellen in Bernsteins Serenade deshalb besonders weich und zärtlich spielt.
Hervorragend auch das Zusammenspiel der Geigerin mit dem Streichorchester, das nach der Pause wieder in voller Besetzung dem triumphalen Schluss zustrebt. Mit Dvořáks siebter Sinfonie, die Orozco-Estradá so spielen lässt, wie es der Komponist um das Jahr 1885 gefordert hatte: „Ein Werk, das die Welt bewegen muss“. Berlin ruft Houston: „Bitte bald wiederkommen !“
Hans Ackermann