"Mittendrin": Interaktives Konzert mit Iván Fischer: Tango mit Brahms
Beim Konzert "Mittendrin" brachte Iván Fischer seinem Publikum Brahms näher - im wahrsten Sinne des Wortes: Die Zuhörer durften zwischen den Musikern des Konzerthausorchesters sitzen und Fragen per SMS stellen.
Was ist das, bitte, für ein sagenhafter Dirigent? Wenn Iván Fischer sein Konzerthausorchester leitet, sitzt jedes Pizzicato, jeder Auftakt, jede Phrase. Wenn er dann aber noch zu sprechen beginnt, wie beim Konzert „Mittendrin“, bei dem das Orchester im Konzerthaus am Gendarmenmarkt im ganzen Raum verteilt ist, kann man gar nicht anders, als seinem Charme und seiner Eloquenz zu erliegen.
Auf dem Programm steht Brahms’ Vierte Sinfonie: ein fesselndes, motivisch reichhaltiges Werk. Fischer lässt die Zuhörer zwischen den Musikern sitzen, um das Publikum zum genauen Zuhören zu bewegen. Er beweist vor jedem einzelnen Satz, dass er ein tiefes Verständnis für das Werk mitbringt und imstande ist, die Besucher für seine Deutungen restlos zu begeistern. Er hebt das Hauptmotiv hervor, das alle Instrumentengruppen einzeln anspielen und in der Komposition facettenreich variieren. Dann bittet er die Holzbläser, ihr Hauptmotiv vorzustellen. Und was hört man? „Einen Tango“, sagt Fischer, während er zu tanzen beginnt.
Während des Konzerts konnte das Publikum per SMS Fragen stellen
Nun spielt das Orchester den vollständigen ersten Satz. Und obwohl die Musiker weit auseinander sitzen, funktioniert das Zusammenspiel ausgesprochen gut. Die Dynamik, das Tempo und vor allem die Leidenschaft jedes einzelnen Musikers verschmelzen zu einer aufrüttelnden Erfahrung. Das ist besonders im letzten Satz der Fall, den Fischer wegen des Moll- Schlusses als „tragisch“ bezeichnet.
Es sei ja schließlich ein Spätwerk, das Brahms nicht optimistisch ausklingen lassen wollte. Aber so soll der famose Abend nicht enden. Während des Konzerts konnte das Publikum per SMS Fragen stellen, die Fischer mit Blick auf sein Handy zu klären versucht: „Wer blättert am Pult eigentlich um?“ Er antwortet diplomatisch: Es gebe eine Konvention, die besagt, dass der Musiker, der am Pult innen sitzt, für das Umblättern zuständig sei. „Aber meiner Erfahrung nach tut es der nettere von beiden." Fischer hat eben auch Humor.