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Sven Marquardt mit seiner Kamera.
© itworks / Berlinale

„Schönheit und Vergänglichkeit“ auf der Berlinale: Sven Marquardt - ein harter Kerl macht zarte Fotos

Er ist als Berghain-Türsteher bekannt. Doch Sven Marquardt macht auch berückende Fotos, wie die Doku „Schönheit und Vergänglichkeit“ im Panorama zeigt.

Er kenne das seit seiner Jugend: Wo er sich hinsetzt, bleibt der Platz neben ihm frei, etwa in der S-Bahn. Und ein Punk sieht mit fortgeschrittenem Alter nicht unbedingt vertrauenserweckender aus. Zwei große Unterlippenpiercings, die Hände voller Ringe und kaum ein Stück Haut ohne Tätowierung. Das ist Sven Marquardt.

Aber dieser Riesenkerl, Typus Türsteher, hat die vielleicht zartesten und berückendsten Fotos gemacht, die je ein Punk aufgenommen hat. Das war noch tief in der DDR, als eine Gruppe von Freunden sich ihre eigene Welt erschuf, in Fotos und Videos von noch immer atemberaubender Schönheit. Auch Berlin sah man selten so, das alte, graue, kaputte Ostberlin. Welche Perspektiven, welche Schönheit des Verfalls! Etwa von dem alten Gasometer aus, das wie ein Traumschloss dort stand, wo heute der Ernst-Thälmann-Park ist. Fotograf: Robert Paris.

Möglicherweise haben Punks eine originäre Wahrnehmung für die Großartigkeit der Ruinen. „Schönheit und Vergänglichkeit“ heißt Annekatrin Hendels neuer Film über eine Gruppe von Eigenweltenbewohnern Ost zwischen gestern und heute. Diese Fotos mit ihren kunstvollen, scharfen Kontrasten sind Ikonen. Und vor den Steinen von vorgestern sehen wir oft eine junge Frau, feenhaft und abweisend zugleich, aufgenommen in surrealsten Arrangements. Sie heißt Dominique Hollenstein, von allen Dome genannt. Sven Marquardt sagt, diese starken und trotzdem so femininen Frauen hätten ihn fasziniert.

Fotografen aus dem Osten kannte keiner

Nach dreißig Jahren versuchen der Fotograf und sein Model es noch einmal: ein Bild wie damals, das um die dreißig Jahre dennoch nicht betrügt. Schönheit im Verfall? Und währenddessen reden sie: Marquardt ist nach 1990 Türsteher des Berliner Technoclubs Berghain geworden, denn Fotografen aus dem Osten kannte keiner.

Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Und Dominique Hollenstein hat ihre eigene Weltblase nie verlassen, ihre Wohnung gleicht einer leicht morbiden Puppenstube, sie macht Kunstrosenarrangements und fährt damit oft Hunderte von Kilometern auf Wochenmärkte. Den bayerischen Frauen stehen sie am besten. Ein Leben, ein Nicht-Leben wie die Menschen zu führen, die sich „normal“ nennen, haben sie nie versucht.

15.2., 14.30 Uhr (Colosseum 1)

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