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Kabarettistischer Jahresrückblick im Mehringhoftheater: Superhaare, Supermutter, Superleyen

Gastgeberin Merkel empfängt Kronprinzessin Superleyen, Wolf Biermann hat die Mauer zersungen - mit David Hasselhoff. Und Klaus Wowereit wird sich selber fehlen. Das Jahresendzeitkabarett im Mehringhoftheater.

Das ist eine Attraktivitätsoffensive, die ihren Namen verdient: „Superhaare, Superlächeln, Supermutter, Superkinder“, schwärmt Manfred Maurenbrecher in sonorem Timbre. Dazu schmachtet der Background-Chor – Bov Bjerg und Horst Evers in Camouflage-Hosen. Und da fegt sie schon auf die Bühne, die Superleyen. Hannes Heesch in grünem Hosenanzug und blonder Sturmfrisur verleiht der Verteidigungsministern einen zackigen Glamour, der an die Kessler-Zwillinge erinnert.

Das Jahresendzeitteam blickt wieder auf das vergangene Jahr zurück. Gerade für die Berliner war es ein aufwühlendes Jahr: Mauerfall-Jubiläum, Wowereit-Rücktritt und immer noch kein Termin, an dem der Eröffnungstermin des BER-Flughafens bekannt gegeben wird. Die Zuschauer im Mehringhoftheater werden Zeugen einer sanften Revolte.

Neben Gastgeberin Angela Merkel, von Christoph Jungmann mit toller Energiebilanz verkörpert, hat es nun erstmals eine weitere Politikerin ins Programm geschafft. Die Kanzlerin begrüßt ihre Kronprinzessin mit Wangenkuss. Ach, der Umgang wird doch gleich herzlicher, wenn mehr Frauen in der Politik mitmischen. Von der Leyen erzählt gern, wie sich ihre Familie zur Hausmusik versammelt. Auch hier trägt sie zu den musikalischen Darbietungen bei. Aus „Turn, turn, turn“ von Pete Seeger wird „Das System – schlimm, schlimm, schlimm“, doch wenn beide, Superleyen mit Blockflöte und Merkel mit Gitarre loslegen, dann gibt das trotz falscher Töne ein harmonisches Bild ab.

Stalin kehrt zurück - unter dem Pseudonym Bodo Ramelow

Bjov Berg gibt mit grimmigem Witz Auskunft zur Lage der Nation: Stalin ist zurückgekehrt in einer perfiden Tarnung, klärt er auf: „Bodo Ramelow – was für ein abgefahrenes Pseudonym.“ Er erinnert auch an den Eklat, den Wolf Biermann bei seinem Auftritt im Bundestag ausgelöst hat: „Ich habe euch zersungen mit den Liedern, als ihr noch an der Macht wart“, rief der Liedermacher den Linken zu. Berg stellt klar: „Da war auch noch der Hasselhoff.“ Zu einer Verstimmung kommt es, als Superleyen Merkel fragt, ob sie denn von den Problemen der Bundeswehr gewusst habe. Doch schnell ist ein neuer Einsatzort für die marode Transall gefunden – das Militärhistorische Museum in Gatow böte sich an oder das Luftfahrtmuseum Wernigerode. Da muss nur noch die feindlich gesinnte Bevölkerung im Ostharz überzeugt werden.

Horst Evers, der sich dem strittigen Thema Umgangsformen zuwendet, erzählt, wie er mit dem Rollkoffer durch Bad Salzuflen zieht. Und den aufkommenden Unmut mit dem Hinweis zu besänftigen versucht, dass er im Rahmen des Bundestourismusausgleichs hergekommen sei. „Das ist so was wie der Länderfinanzausgleich.“ Berliner Kompensationstouristen werden in westdeutsche Kleinstädte geschickt. Mit dem Rollkofferrabatz ist es nicht getan – dazu gehört auch, die Hausflure mit Urin, Müll und Altglas zu verunreinigen. Auch die Wuppertaler Scharia-Polizei hat Nachahmer aus anderen Lagern gefunden. Evers nennt die Weddinger Etikette-Polente, die auf ihre Weise über das Reinheitsgebot achtet. „Entschuldigung, Sie können hier nicht ohne Bierflasche sitzen. Sie werden der Kultur des Wedding nicht gerecht“ ist noch die netteste Ermahnung. Evers resümiert: „Jede Provinz beginnt im eigenen Kopf."

Wolf Biermann zersang die Mauer - mit David Hasselhoff

Das Thema für einen Charity-Song durften die Zuschauer vorschlagen. Durchgesetzt hat sich der CSU-Vorstoß, dass Ausländer zu Hause Deutsch sprechen sollen. Wenn schon Deutsch, dann richtig fett, fordert das Jahresendzeitteam. Und schmiedet Reime, die die Lehrer im Publikum begeistern: „So viele Fälle und Zeiten / können Freude bereiten. / Sei auch du mit dabei / Nutze den Konjunktiv II.“ Würden die fabelhaften fünf noch mal zu so einer Topform finden? Diese Ausgabe zeigte, dass sie noch lange nicht ihr Pulver verschossen haben. Doch fehlte da nicht jemand? Da kommt auch schon ein beschwingter Klaus Wowereit (in Gestalt von Hannes Heesch) und lässt sich noch mal feiern. „Ich werde mir fehlen“, sagt er gerührt. Und spricht den Berlinern Mut zu. „Berlin hat alles überstanden: Krieg, Luftbrücke, die Wiedervereinigung mit ihren Herausforderungen.“ Mit diesen Worten ging die Ära Wowereit endgültig zu Ende.

Bis 11. Januar im Mehringhoftheater, weitere Vorstellungen vom 14. bis 18. Januar im Theater am Kurfürstendamm.

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