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Der Rapper Marteria bei der Tour zu seinem "Roswell"-Album.
© imago/Oliver Willikonsky

Marteria live in Berlin: Souveränes Hip-Hop-Heimspiel

Früher ging er feiern, heute lieber angeln: Beim Konzert in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle freut sich Marteria sichtlich, in seiner Wahlheimat aufzutreten.

Das Ufo kommt um kurz vor neun in Prenzlauer Berg an. Es dröhnt gewaltig. Man hört es bis hinaus auf den Vorplatz der Arena, die es sich als Landezone erkoren hat. Sicher sieht es auch sehr eindrucksvoll aus. Doch davon bekommt die Presse leider nichts mit, denn sie hängt noch immer in der langen und langsamen Gästelisten-Schlange fest.

45 kalte Warteminuten dauert es, bis man endlich eingelassen wird – und die ersten vier Songs verpasst hat. Schade, denn geht man von Marterias Lollapalooza-Auftritt im September aus, wo er ebenfalls mit dem Titelsong seines aktuellen Albums „Roswell“ und dem darauffolgenden „Aliens“ startete, ist das sicher wieder ein Knallerauftakt.

Fast alle Songs dieser vierten Platte spielt der 34-Jährige, der bürgerlich Marten Laciny heißt, bei seinem zweistündigen Auftritt in der ausverkauften Max- Schmeling-Halle. Verständlich, denn mit „Roswell“ hat er seine Stellung in der Spitzengruppe des Deutschraps noch einmal eindrucksvoll bestätigt, es ist eines der zentralen deutschen Hip-Hop-Werke dieses Jahres – auch dank seines bewährten Produktionsteams The Krauts, das ihm einen abwechslungsreichen Sound mit hohen Pop-Anteilen geschneidert hat. Macht sich auch live hervorragend.

Die Marteria Girls hüpfen an der Bühnenkante

Von den Außerirdischen kommt Marteria schnell zurück zu den Erdenmenschen und ihren Widersprüchen, die er in „El Presidente“ besingt, und zu seiner eigenen Feiervergangenheit, von der „Tauchstation“ handelt. Die Bühne ist in gelb-rotes Licht getaucht, als er diesen nachdenklichen Song vorträgt. „Den Absprung schaffen, die Reißleine ziehn/ Der Eiszeit entfliehn fällt nicht leicht in Berlin“, rappt er und gleitet dann zusammen mit den drei Backgroundsängerinnen durch den Refrain über das „Leben zwischen Höhenflug und Tiefenrausch“, das er inzwischen hinter sich gelassen hat.

Statt sich nachts wegzuschießen, geht der in Rostock aufgewachsene und in Berlin lebende Sohn einer Lehrerin und eine Seemannes inzwischen lieber angeln. Weshalb er „Blue Marlin“ über die Jagd dieses Königs der Fische auch gleich hintendran spielt. Trotz seines souveränen Flows mag die Nummer nicht recht zünden. Macht nichts, denn der nächste Party-Hit ist bei dieser Show nie fern. „Marteria Girl“ vom Debütalbum „Zum Glück in die Zukunft“ etwa. Hier hüpfen die Sängerinnen mal an der Bühnenkante herum, statt hinten neben der vierköpfigen Band zu stehen. Eine der Ladys hat anschließend einen kurzen Soloauftritt und wird dafür von Marteria liebevoll gefeiert – wie später auch die beiden anderen Sängerinnen und sein Co-Rapper/-Sänger.

Casper und Miss Platnum als Gäste

Überhaupt kommt der Vollbartträger sehr sympathisch rüber. Seine Performance ist engagiert, aber unangestrengt. Hauptsache, lässig: Er trägt ein graues Schlabber-Shirt über dem Bäuchlein, dazu weiße Dreiviertelhosen, die keinerlei Rückschlüsse auf seine Model-Vergangenheit zulassen. Seine Ansagen sind zwar nicht ganz so enthusiastisch wie beim Lollapalooza-Festival, aber er freut sich sichtlich, in seiner Wahlheimat aufzutreten.

Was auch den Vorteil hat, dass ebenfalls hier ansässige Gäste wie Casper – für „Alles verboten“ – und Miss Platnum dazukommen können. Sie begleitet ihn bei „Elfenbein“ und natürlich bei ihrem gemeinsam mit Yasha aufgenommenen Überhit „Lila Wolken“. Wobei die Platin-Sängerin nicht viel machen muss: Die Fans können ihren Teil komplett auswendig und sind auch sonst begeistert bei der Sache. Bis unters Dach stehen auf den Rängen alle, schwenken die Arme und machen brav bei den Hinsetz-Aufspring-Spielchen mit.

Bevor Marteria sich – beim etwas zu lang geratenen Finale – mit nacktem Oberkörper über die Hände der Innenraum- Menge wälzt, holt er für einen Zugabenblock sein Alter Ego Marsimoto auf die Bühne. Mit Maske und Silberanzug rappt er im dichten grünen Nebel mit hochgepitchter Stimme. Dazu viel Bass, „Grüner Samt“ und „Der Nazi und das Gras“. Zieht immer noch. Ein bisschen Kiffer-Spaß muss dann ja doch sein.

Nadine Lange

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