Hallstatt-Kultur im smac in Chemnitz: Salz ist Leben
Spitzenobjekte der berühmten Hallstatt-Kultur von vor mehr als 3000 Jahren stellt das Staatliche Museum für Archäologie Chemnitz aus.
Staunend steht man vor den Vitrinen. Ein loser Bund von Blättern, Alpenpestwurz, das Toilettenpapier der Bronzezeit mit antibakterieller Wirkung. Perfekt erhalten. Eine Kiepe aus Kuhfell, um das Salz aus dem Berg zu befördern, verblüfft, denn die Haare des Fells sind deutlich zu erkennen. Nichts deutet darauf hin, dass dieses Objekt mehr als 3000 Jahre alt ist und in mehr als 100 Meter Tiefe im Salzbergwerk von Hallstatt in Österreich überlebt hat.
"Das Bergwerk war ein Glücksfall für die Archäologen, denn solche organischen Objekte sind normalerweise nicht zu finden, da sie unter normalen Umständen mineralisieren oder ganz verschwinden", erzählt Doreen Mölders, Referentin für Ausstellungen im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz (smac), wo noch bis zum 3. Januar 2016 die Ausstellung "SALZ BERG WERK. Schatzkammer der Alpen" zu sehen ist, eine Übernahme aus dem Naturhistorischen Museum Wien auf einer Fläche von 1000 Quadratmetern.
Das Salzbergwerk von Hallstatt, das älteste Europas, ist deshalb so berühmt, weil hier beim Einsturz des Bergwerkes im Jahre 1245 vor Christus die Stollen mit Material verfüllt wurden - und ähnlich wie in Pompeji alles Leben, das ja hier unter Tage stattfand, begrub. Da Salz ein hervorragender Konservierungsstoff ist, haben Millionen organischer Objekte in den Tiefen des Bergwerks unbeschadet überlebt. Daher liefern die Grabungen von Hallstatt einen einzigartigen Einblick in das Alltagsleben der Bronze- und Eisenzeit.
So lassen sich aus den erhaltenen Exkrementen Rückschlüsse auf die Nahrung ziehen. Sonst überleben meist nur kostbare Objekte aus Herrschaftsgräbern oder Palästen in der Erde, Hallstatt liefert dafür Alltagsgegenstände, die aber wegen ihres Informationsgehaltes im Wert einem Goldreif nicht nachstehen.
Hallstatt ist so berühmt, dass man in China die Siedlung am Hallstätter See 1:1 nachgebaut hat. Das Bergwerk in Österreich wird heute immer noch genutzt - Archäologie und Produktion leben Tür an Tür.
Durch einen nachgebauten kurzen Bergwerksstollen, begleitet von Klopfgeräuschen, betritt man das relativ niedrige Ausstellungsgeschoss mit seinen fünf futuristischen Installationen, die wie riesige Kristalle den Raum beherrschen. Jeder Kristall zeigt außen in den Vitrinen die Spitzenobjekte, Werkzeuge, Kleidungsstücke, Metallarbeiten aus dem Gräberfeld der Eisenzeit, Holz und natürlich Salzkristalle in jeder Form. Innen werden Szenen des Alltags nachgestellt, dabei sind passende Geräusche und Gerüche vernehmbar.
Im einführenden Kristall steht man innen einer Waldlandschaft gegenüber, wie sie heute noch im Hochtal von Hallstatt - dort wo der Bergbau vor mehr als 3500 Jahren begann - zu erleben ist. Es riecht nach Kiefer. Im nächsten Kristall sieht man in einem lebensgroßen Foto, wie Frauen das Salz geschleppt haben. In dem Raum ist auch eine über 3000 Jahre alte Tragekiepe ausgestellt. Man riecht den Rauch der Feuer, auf denen die Frauen das Essen für die Menschen unter Tage bereitet haben. Kinder wurden tief unter der Erde ebenfalls als Arbeitskraft eingesetzt. Die Untersuchung der Knochenfunde zeigt, dass alle starke Abnutzungserscheinungen von der schweren Arbeit aufweisen.
Auf Grund der vielen organischen Funde sind auch die frühen Holzpickel erhalten geblieben; daraus lassen sich die Abbaumethoden der Bergleute rekonstruieren. Und wer will, kann den Nachbau einer Tragekiepe ausprobieren, die man nur mit einem Riemen auf der Schulter trägt, den zweiten hält man mit einem Stock am Riemen fest und kann so ganz lässig mit einer Bewegung die Kiepe um 90 Grad drehen und das Salz auskippen. Auch die Basttaue, mit denen das Salz hochgezogen wurde - bis zu 800 Kilogramm halten sie aus - konnten rekonstruiert werden. Ein dünneres modernes Tau schafft gerade einmal 500 Kilogramm. Erhalten geblieben sind auch Reste von Holztreppen, die im Bergwerk angelegt wurden.
Mit dem Export von Salz kam auch der Wohlstand nach Hallstatt, davon zeugen die Metallarbeiten, kostbare Gefäße. Glas aus dem Mittelmeerraum und Bernstein aus der Ostseeregion gelten als Beweis für weitreichende Handelsbeziehungen. Aus gefundenen Pflanzen- und Stoffresten konnte man auch die Farbe der Kleidung rekonstruieren; sie waren viel bunter als wir uns das heute vorstellen. Die Ausstellung vermittelt einen großartigen Eindruck vom Leben vor rund 3500 Jahren, die Präsentation spricht alle Sinne an und lässt auf die nächste Sonderausstellung rund um das Thema Geld im nächsten Jahr hoffen.
Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz, bis 3. Januar 2016
Rolf Brockschmidt
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