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Rutschen ist nicht nur für Kinder ein Riesenspaß - und ein Erkenntnisgewinn.
© picture alliance / ZB

Spielplatz für Erwachsene: Rutschen verändert die Wahrnehmung

Wenn Erwachsene wieder zu Kindern werden: Für Kunstprojekte darf geschaukelt, gerutscht und kollektiv gewippt werden, was das Zeug hält. Eine Glosse.

Da steht man unten, guckt, wie die Kleine die Leiter hochklettert und passt auf, dass sie nicht zu doll in den Sand plumpst, unten, am Ende der Rutsche. Zu gerne würde man selbst mal wieder rutschen, schaukeln, klettern, hopsen, ballern oder auch buddeln. Ist nur alles zu mini für unsereins und sowieso nicht für die Großen gedacht. Die Riesenrutsche im Freibad geht natürlich schon, nut ist sie in diesen heißen Vorsommertagen hoffnungslos überfüllt.

Jeder Mensch ein Spieler, jeder Spieler ein Künstler, dachten die Leute in der Bonner Bundeskunsthalle und haben auf dem Dachgarten des Museums einen Spielplatz für Erwachsene angelegt. Es reicht ja nicht, dass der hochkulturell interessierte Zeitgenosse alle Jubeljahre wieder zum Kind werden darf, zum Beispiel in William Forsythes Hüpfburg, 2013 zur Eröffnung des Berliner Festivals „Foreign Affairs“. Warum nicht für ein paar Monate täglich (bis 28. Oktober) und ab Juli auch noch ergänzt um die Indoor-Ausstellung „The Playground Project“?

Aber erstmal raus aufs Dach, zum Schaukelpark des dänischen Künstlerkollektivs Superflex. Dort kann man nicht nur alleine wippen, nein, es sollte bitte kollektiv gewippt werden. Je mehr Akteure, desto besser funktioniert das Ding. Wenn das keine Steilvorlage für den politisch aufgeweckten Bundesbürger ist. Nix wie rauf auf die Bundeskunsthalle: Die anstehenden Berliner Abi-Jahrgänge sollten zuhauf Klassenfahrten nach Bonn unternehmen, sind ja quasi Erwachsene, damit die künftige Einheitswippe vorm Berliner Schloss sach- und fachkundig in Gang gesetzt werden kann. Die Republik braucht Vorturner.

Erkenntnis beim Verstand-Abstellen

Oder die Rutsche von Carsten Höller, auch verlockend. Rutschen verändert die Wahrnehmung, sagt der Installationskünstler, dabei verliere man auf ganz spezifische Weise kurz den Verstand. Genau in diesem kurzen Moment des Verstand-Abstellens passiere so etwas wie Kunst. Oder Erkenntnis. Höller weiß, wovon er redet: Für Weil am Rhein schuf er 2014 einen 31 Meter hohen Rutschturm, auch in der Turbinenhalle der Londoner Tate Modern installierte er gigantische Röhren.

Heute schon gerutscht? So heiß, wie es ist, rutscht einem eh schnell was aus der schwitzigen Hand. Der feste Boden unter den Füßen wird auch überschätzt.

Christiane Peitz

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