Jugendbuch: Rückkehr zur Revolution
Politkrimi: Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und die Flüchtlinge: Was die Vergangenheit mit der deutschen Wirklichkeit zu tun hat
1926 wurde ihnen auf dem Zentralfriedhof in Berlin-Friedrichsfelde ein Denkmal gesetzt: Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Heimtückisch und brutal waren die beiden kommunistischen Arbeiterführer sieben Jahre zuvor ermordet worden. Wie konnte das geschehen? Was spielte sich damals in Deutschland ab? Das beleuchtet Maja Nielsen in ihrem Buch „Tatort Eden 1919“. Doch der Autorin geht es nicht nur um Geschichte. Sie will Vergangenheit und Gegenwart verknüpfen – und stellt uns zunächst Biko vor. Der 17-Jährige ist im Sauerland als Sohn eines Ghanaers geboren. Gerade hat er die Aufnahmeprüfung an der Berliner Artistenschule bestanden und ist dabei, sich in der Hauptstadt zurechtzufinden. Welch ein Menschengewimmel am Hauptbahnhof! Auch Flüchtlinge sind darunter, die von einer „Welcome-Initiative“ in Empfang genommen werden. Aufgrund seiner dunklen Hautfarbe wird auch Biko gleich freundlich eingesammelt. Dass er den Irrtum nicht aufklärt, liegt an Lizzy, einem Mädchen vom Willkommenskomitee, das er nicht verlieren will.
Die Arbeiter hungern, die Bonzen trinken Champagner
Kurz zuvor hat Biko auf der Artistenschule einen großen alten Koffer gefunden. Er enthielt Tagebücher von einem gewissen Pico, der 1918 aus dem Krieg zurück nach Berlin gekommen ist. Nun kellnert der junge Mann im Hotel Eden, einem Berliner Luxushotel. Und erfährt hier von Aufständischen und Sicherheitswehren, von Schießbefehlen und Streiks, von hungernden Arbeitern und Champagner trinkenden Bonzen. Um die jeweils im Buch bespiegelten Zeiten optisch kenntlich zu machen, werden unterschiedliche Schrifttypen benutzt.
Während Bürgerwehren damals Kommunisten verprügelten, müssen sich heute Asylsuchende vor „besorgten Bürgern“ fürchten. Auch Biko gerät in eine ihrer Aufmärsche und wird wegen seiner dunklen Hautfarbe als „Neger“ bepöbelt.
Allzu viele Details stören den Lesefluss
Kann man die damaligen und heutigen Ereignisse so vergleichen? In punkto Hetze zeigen sich zumindest Parallelen, die spannend zu diskutieren wären. Leider überfrachtet Maja Nielsen ihr Buch mit allzu vielen Details und führt immer neue Personen ein, die nichts Wesentliches zum Verständnis beitragen. Warum etwa muss ein Monsieur Vite aus Picos Tagebuch vorlesen, das man doch schlicht zitieren könnte? All das stört den Lesefluss. Dabei böte die spannende Vergangenheit genug Stoff zum Erzählen. Schon die Chronik am Ende des Buches, beginnend 1911 mit dem Bau des Hotel Eden („eigene Golfanlage auf dem Dach“) bis zum 11. August 1919 (Verabschiedung der Weimarer Verfassung) hat es in sich. Vielleicht zu viel für ein Jugendbuch.
Maja Nielsen: Tatort Eden 1919, Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2018, 190 Seiten, 9,95 €, ab 13 Jahren
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