Young Euro Classic: Niederlande: Reife Leistung
Bei Young Euro Classic stammen die Musiker des Amsterdamer Nationaal Jeugd Orkest Symphony Orchestra nicht nur aus den Niederlande, sondern von überall. Leonard Bernsteins Stück aus dem Musical "On the Road" passt da gut.
Dagmar Reim, Intendantin des RBB, hat schon recht: Die Niederlande sind ein kleines Land. Sie verfügen über viel Ausland und holen sich deshalb die Welt nach Hause. Keine Not, sondern eine Tugend, wie die Patin dieses niederländischen Young Euro Classic-Abends im Konzerthaus feststellt. Und tatsächlich: Wenn man auf die Bühne blickt, sieht man, dass die Jugendlichen des Amsterdamer Nationaal Jeugd Orkest Symphony Orchestra von allen Kontinenten stammen. Dazu hat der agile Dirigent Antony Hermus auch die passende Einführung parat: die „Three Dance Episodes“ aus Leonard Bernsteins Musical „On the Town“. Das Orchester beginnt mit Verve und gewinnt dem Stück seine schrägen, quietschenden, ja geradezu burlesken Seiten ab – vor allem im letzten Satz, der die Stimmung des New Yorker Times Square heraufbeschwört, als noch Prostituierte die Straßen säumten.
So energetisch geht es weiter: Christopher Rouses Konzert für Posaune ist eine Hommage an den Amerikaner Bernstein und doch ein Werk von ganz eigener Kraft. Vier Musiker an Schlagwerken ringen mit steinharten Schlägen um die ohrenbetäubende Wucht der Komposition, die sich in den glasklaren Ton der Solo-Posaune von Sebastiaan Kemner mischt. Die Wände zittern, die Welt scheint unterzugehen und doch kämpft sich plötzlich ein hoffnungsvolles Zitat aus Bernsteins „Kaddish“ in die Apokalypse. Dabei stellt sich das Orchester als eines der besten des Festivals heraus: sauber, selbstsicher und mit einer individuellen Handschrift beweisen die Musiker nicht nur Reife, sondern auch Qualität.
Auch Richard Strauss’ überdrehtes wie Respekt gebietendes „Heldenleben“ gelingt meisterlich: Die Blechbläser überzeugen durch akkurates Team-Work, die Streicher balancieren die Komposition mit einer weichen Stimmführung aus. Strauss war erst 34, als er sein „Heldenleben“ komponierte. Die Wahl des Stücks dürfte also kein Zufall sein, denn das Jugendorchester wirkt ebenso professionell und routiniert. Erst als Dirigent Antony Hermus sich den verdienten Applaus abgeholt hat und das Publikum den Saal verlässt, fällt jede Ernsthaftigkeit von den Schultern: Zum Abschluss gibt’s ein paar juvenile Balkan-Beats zur Auflockerung.