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Pro Quote Regie: Regie ist Frauensache!

Nur 15 Prozent aller deutschen Kino- und Fernsehfilme werden von Frauen gemacht. Dabei sind 42 Prozent der Filmhochschul-Abgänger weiblich. Nun fordern Filmemacherinnen die Einführung einer Regie-Quote.

Nach dem kleinen Aufstand französischer Filmfrauen in Cannes 2012 machte sich auch unter deutschen Regisseurinnen Unmut breit. Richtig laut wurde das Murren, als das Branchenblatt „Black Box“ Anfang 2013 die Benachteiligung von Frauen bei deutschen Filmförderentscheidungen mit drastischen Zahlen belegte. 42 Prozent aller Filmhochschulabgänger hierzulande sind Frauen – mit steigender Tendenz. Bei den Förderungen hingegen kommen sie oft nicht einmal vor. Stichproben genügen: Die im August 2012 seitens der Film-Förderanstalt vergebenen 4,5 Millionen Euro für 17 Kinofilme gingen komplett an männliche Regisseure. Auch die Filmstiftung NRW förderte in dem Monat mit 5,4 Millionen Euro 30 Projekte, bei denen ausschließlich Männer Regie führten.

„Einzelfälle?“, fragte „Black-Box“-Redakteurin Ellen Wietstock damals. Nicht in der Tendenz: Von den 2013 vom Deutschen Filmförderfonds vergebenen 62,5 Millionen Euro ging nur ein knappes Zehntel an Frauen. Und bei den TV-Sendern, ohne deren Beteiligung in Deutschland kaum ein Film entsteht, wurden in den letzten zehn Jahren weniger als 15 Prozent der Regieaufträge für Spielfilme und Serien an Frauen vergeben.

Solche Zahlen machen vielen Filmemacherinnen erstmals klar, dass ihr Gefühl, diskriminiert zu werden, berechtigt ist – und keine Jammerei. Der von den Filmemacherinnen Katinka Feistl, Tatjana Turanskyj und Imogen Kimmel initiierte Vereins "Pro Quote Regie" hat mittlerweile 200 Regisseurinnen auf seiner Mitgliedsliste und eröffnete nun im Kino Arsenal mit einer kämpferischen Pressekonferenz die Herbst-Offensive (hier geht es zu dem Statement, das die Filmemacherin Tatjana Turanskyj bei der Veranstaltung verlas). Ein Kampf, der keineswegs nur die Filmfrauen betrifft. Wenn in einer Gesellschaft 85 Prozent aller Filme von Männern inszeniert werden, reduziert das die Vielfalt erzählenswerter Geschichten. „Es ist eine grundsätzliche Frage, wie die Vielfalt unserer Gesellschaft organisiert ist und damit unsere Demokratie“, so Mitinitiatorin Bettina Schoeller.

Beim Deutschen Filmförderfonds gingen 2013 nur knapp 10 Prozent der Gelder an Frauen

Logische Konsequenz sei die paritätische Besetzung von Gremien und eine Frauenquote für Förderentscheidungen, die sich progressiv von 30 Prozent (in drei Jahren) auf 50 Prozent in zehn Jahren erhöhen soll. In Anlehnung an die Pro-Quote-Kampagne der Medienfrauen haben sich die Regisseurinnen entschieden, offen und unkonfrontativ zu agieren, auch um Bündnispartner zu finden. Auch deshalb ist die Reihe der dem Verein beigetretenen Filmfrauen von Alice Agneskirchner bis Micaela Zschiechow beeindruckend lang, zu ihnen zählen Margarethe von Trotta, Doris Dörrie, Sherry Hormann, Hermine Huntgeburth und Caroline Link, erfolgreiche Frauen, die es persönlich nicht nötig hätten. Noch bemerkenswerter, dass auch Schauspielstars wie Senta Berger, Veronica Ferres und Katja Riemann die Sache ihrer Regie-Kolleginnen unterstützen. Es gibt auch männliche Unterstützer: Michael Ballhaus, Edgar Reitz, Volker Schlöndorff oder Dieter Kosslick.

Inzwischen haben die Aktivistinnen bei Gremien, Verbänden und Ministerien antichambriert, Studien und Beratungsgremien angeregt. Weil viele der Diskriminierungen unbewusst geschähen, seien feste Quoten hilfreich. Einige der Förderer waren selbst überrascht, als sie mit der Gender-Gewichtung ihrer eigenen Entscheidungen konfrontiert wurden. Und die Kritiker des Quotenmodells? Dürften sich am morgigen Donnerstag in der Akademie der Künste finden, wo nach der Präsentation des Frauenfilm-Buchs „Wie haben Sie das gemacht?“ von Claudia Lenssen und Bettina Schoeller auch eine Debatte mit den Pro-Quote-Frauen auf der Tagesordnung steht.

Silvia Hallensleben

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