zum Hauptinhalt
Der Schriftsteller Rainald Goetz, 66
© Boris Rossler/dpa

Neues Stück "Reich des Todes. Politische Theorie": Rainald Goetz ist zurück

Nach dem Büchner-Preis war von Rainald Goetz nichts mehr zu hören. Nun hat er ein Theaterstück geschrieben, das im September in Hamburg Premiere hat.

Es kommt einem wie eine Ewigkeit vor, dass der Schriftsteller Rainald Goetz der österreichischen Rockband Wanda zu literarischen Ehren verhalf.

2015 war das, Ende Oktober in Darmstadt, da hielt Goetz seine Dankesrede für den Georg-Büchner-Preis und beendete diese mit der Zeile aus dem Wanda-Song „Bologna“, im übrigen singend: „Wenn jemand fragt, wofür du stehst, sag für Amore, Amore.“

Der Jubel war groß, Rainald Goetz nicht nur deshalb in aller Munde, und Wanda veröffentlichten nach „Amore“ und „Bussi“ weitere erfolgreichen Alben, 2017 „Niente“ und zwei Jahre später „Ciao!“.

Ist der Büchner-Preis eine zu hohe Bürde?

Nur um Goetz wurde es nach der Büchner-Preis-Verleihung wieder einmal sehr still. Schon seit seinem letzten Buch, dem Roman „Johann Holtrop“, waren drei Jahre ins Land gegangen, und in letzter Zeit wurde immer mal wieder Fragen wie diese gestellt: Was macht eigentlich Rainald Goetz? Hat er sich komplett zurückgezogen ins Privatleben mit Frau und Kindern? Oder ist ihm der Büchner-Preis nicht gut bekommen, diese höchste Auszeichnung, die es in Deutschland für Schriftstellerinnen und Schriftsteller gibt?

Dieses Phänomen kennt man ja auch von Autoren, die nach Erhalt des Literaturnobelpreises sich so unter Druck fühlten, bewusst, unbewusst, dass sie danach nichts Vernünftiges zustande brachten.

Oder hatte Goetz ganz unabhängig von dem Preis mal wieder Koeppen-mäßig eine Schaffenskrise? So wie schon Ende der neunziger Jahre, als er erst 2007 mit seinem „Vanity-Fair“-Blog aus der Stille ins literarische Leben zurückkehrte (aus dem Blog wurde dann das Buch „Klage“).

Alles Mutmaßungen natürlich; letztendlich nur die lange Vorrede zur ultimativen Meldung dieses Wochenendes: Rainald Goetz ist zurück. Er hat wieder was geschrieben: ein Theaterstück, in diesem Fall das erste seit „Jeff Koons“, das 1999 am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg uraufgeführt wurde.

„Reich des Todes. Politische Theorie“ heißt das Goetz-Stück, das abermals zuerst in Hamburg seine Premiere feiert und am 11. 9. dieses Jahres die Theatersaison eröffnet.

Karin Beier, die Intendantin des Schauspielhauses wird es inszenieren. Sie sagte jetzt, „Reich des Todes. Politische Theorie“ sei ein Stück „über 9/11 und seine katastrophalen Auswirkungen als Schlüsselereignis des 21. Jahrhunderts, als Startschuss für Verfassungsbrüche, Menschenrechtsverletzungen und Gewaltexzesse.“

Wieviel Weltbegeisterung steckt noch in Goetz?

Goetz’ Text, so Beier weiter, spanne den Bogen von „der Vorgeschichte des 20. Jahrhunderts bis zur unheimlichen Rückkehr repressiver, autokratischer Gesinnungen in gegenwärtigen Demokratien.“

Puh, kann man da nur sagen, was für ein Stoff! Und spontan überlegen, wieviel Gegenwart in diesem Stück des Gegenwartsfetischisten Rainald Goetz wohl drin ist. Ist 9/11 nicht auch schon eine Ewigkeit her? Hat es seitdem nicht weitere Epochenbrüche gegeben? Wie sehr hat Goetz seine Rolle als vom Pop her kommender politischer Schriftsteller verinnerlicht, wieviel Weltbegeisterung steckt noch in ihm, in diesem Stück?

Womöglich aber war auch seine tägliche Welterzählung „1989“ eine Inspirationsquelle. Über deren Entstehung schrieb er Ende vergangenen Jahres im digitalen Suhrkamp Theater Magazin einen Erinnerungstext.

Goetz geht darin auch kurz auf die Resonanz auf „1989“ ein: „Die Kritik war natürlich begeistert. Halt, nee, es war umgekehrt: Sie waren enttäuscht, gelangweilt, genervt. Und entgegen allen vielfachen inneren Selbstwappnungen, man ist doch jedes Mal aufs Neue erschreckend fassungslos, als Macher, wie extrem anders das von einem selbst als so geglückt empfundene Gemachte von den anderen dann gesehen und empfunden wird. Ich hatte gedacht, man schlägt ,1989’ auf und sieht sofort, dass das ein Text zum Anschauen ist, nicht zum Lesen, kriegt allein davon schon auf der Stelle gute Laune.“

Das ist das schwere Los des Autors, der sich all dem nun wieder aussetzt. Die Amore, die Goetz seinerzeit besang, sie ist natürlich immer auch die Liebe zum Text. Komme, was da will.

Zur Startseite