Ausstellung in der Gemäldegalerie: Propagandakunst im Dienst der Kirche
Das Goldene Zeitalter der spanischen Malerei wird am Kulturforum zum ersten Mal umfassend ausgestellt – eine Premiere auch für spanische Besucher. „El Siglo de Oro“ zeigt neben den Stars auch weniger bekannte Künstler
Bleich liegt Christus auf dem Totenbett, starrer Blick, das Blut strömt aus seiner Seite, ebenso aus den Händen und Füßen. Das heulende Elend, ein nackter Toter, lebensgroß, die Genitalien nur notdürftig mit einem Tuch bedeckt.
Wer diese Figur sieht, braucht wenig Worte um zu verstehen, wie dieser Mann gelitten hat. Gregorio Fernández aus Valladolid hat diese extrem lebensechte Figur geschaffen, kirchliche Propaganda im Dienst der Gegenreformation für Menschen, die weder lesen noch schreiben können. Sie galt es, emotional zu berühren, indem man das Leiden möglichst drastisch darstellt.
Valladolid, wo sich heute das Nationalmuseum für Skulpturen befindet, war im sogenannten Goldenen Zeitalter Spaniens für kurze Zeit Sitz des Hofes. Hier entstand eine besondere Form der Bildhauerei, die ganz im Dienst der kirchlichen Propaganda stand.
Was es mit dieser Propaganda und der des Staates auf sich hat, untersucht erstmals die Ausstellung „El Siglo de Oro – Die Ära Velázquez“ in der Gemäldegalerie am Kulturforum.
Zur Heiligen Wochen verlassen die Skulpturen noch heute die Kirchen
Velázquez ist natürlich eine Zugnummer, deshalb taucht er auch im Ausstellungstitel auf, aber es geht nicht nur um ihn, sondern um die ganze Epoche, das Goldene Zeitalter Spaniens im 17. Jahrhundert, das – Ironie der Geschichte – damit einhergeht, dass umgekehrt proportional zum Niedergang des einstigen Imperiums die Kunst und damit die eigenständige spanische Kunst mehr und mehr an Bedeutung gewinnt.
Auch für das spanische Publikum ist der Berliner Ansatz neu, erstmals die gesamte Epoche auch unter regionalen Gesichtspunkten vorzustellen. Es geht also nicht nur um die Kunst am Hof in Madrid und Valladolid, sondern es werden auch die regionalen Kunstzentren Valencia, Toledo, Sevilla und Andalusien vorgestellt, wobei in Andalusien noch einmal Granada und Cordóba berücksichtigt werden.
Dabei werden auch Kunstwerke aus Kirchen gezeigt, und viele dieser Skulpturen, darauf weist Kuratorin María López-Fanjul y Díez del Corral von der Gemäldegalerie Berlin hin, werden auch heute noch bei Prozessionen durch die Straßen getragen. Auch Museumsobjekte verlassen für eine Semana Santa schon einmal die schützenden Mauern.
Kunstwerke für den Export in die Kolonien
Berlin ist ein guter Ort für dieses Vorhaben, denn die Gemäldegalerie besitzt eine der bedeutendsten Sammlungen spanischer Gemälde in Deutschland. Insgesamt werden rund 130 Spitzenwerke spanischer Malerei und Skulptur des 17. Jahrhunderts am Kulturforum zu sehen sein. Berühmten Meistern wie El Greco, die man vielleicht aus Einzelausstellungen kennt, wird man wiederbegegnen, aber auch weniger bekannte Kunstwerke entdecken.
Neben dem bereits erwähnten grandiosen Propagandisten und Bildhauer Gregorio Fernández ist es nun an der Zeit, das Multitalent Alsonso Cano aus Granada kennenzulernen, der nicht nur ein stilbildender Maler, sondern auch ein sehr begnadeter Bildhauer und Architekt war. Am Hof Philipps IV. wurde er nicht nur Hofmaler, sondern auch Oberaufseher über alle königlichen Gebäude. Er entwarf die ungewöhnliche Barockfassade der Kathedrale von Granada 1667, im Jahr seines Todes.
In Andalusien war die Kirche einer der Hauptauftraggeber für Kunstwerke, besonders Sevilla stach hier hervor. Und – hier wurden auch Kunstwerke für den Export in die amerikanischen Kolonien geschaffen – ganz im Dienste der Kirche.
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