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Lass sehen. Michi Beck, Thomas D. und Smudo an der Rampe. Wie immer hinten: Andy Ypsilon an den Geräten.
© Sven Darmer/Davids

Die Fantastischen Vier in Berlin: Picknick der Kopfnicker

Silberhochzeit im Konfettiregen: Die Fantastischen Vier beenden ihre Jubiläumstournee in Berlin.

Funky Dancefloor? Nö. Aggro Battle- Rap? Nö. Hat’s bei den Fantastischen Vier nie gegeben. Gibt’s auch diesmal nicht. Dafür rhythmische Sportgymnastik – Hüpfen, Klatschen, Fäuste pumpen – für Vati, Mutti, Kids. Für uncoole Jungs, die alle dasselbe T-Shirt tragen. Für coole Jungs, die die Hoodiekapuze nie absetzen. Für Mädelscliquen, die 25 und schön oder 55 und schön sind. Ein Fanta- Konzert, das ist Feel-Good-Rap, Hip-Hop-Schlager, Mehr-Generationen-Party. Da sind rundum knuffige, positive Vibrations in the House. „Liebe ist der Grund, warum wir hier sind“, lautet die Ansage in der sprachwitzigen Mitsingnummer „Ich möchte nie wieder Single sein“ vom aktuellen Album.

Dumm nur, dass nicht Liebe, sondern Wut im Hip-Hop erst so richtig Druck auf dem Kessel macht. Und da hätten die ersten Popstars und populärsten Silberhochzeiter des deutschen Hip-Hop am Montagabend in der Großarena am Ostbahnhof durchaus noch ein paar Schippen drauflegen können. Gerade weil Berlin als letzte Station der im Herbst begonnenen Hochzeitsreise zum 25-jährigen Bandjubiläum durch so gut wie immer ausverkaufte Hallen ein bisschen den Spielverderber macht: Unterm Dach sind noch Plätze frei, 12 000 Picknicker sind gekommen.

Silberhochzeit - immer noch tight

Sie bejubeln liebevoll die zu Beginn der zweistündigen Show als Gimmick im Konfettiregen auf einer Minibühne im Publikum auftauchenden Michi Beck, Thomas D. und Smudo. Gerätebediener Andy Ypsilon hält mit der Band solange auf der großen Bühne die Stallwache. Der Opener ist derselbe wie auf dem im Oktober erschienenen Album „Rekord“ – die mit einem Falsett-Gesangssample von The Catch aufgerüschte Jubiläumshymne „25“. Die knallt schön diskomäßig los und glänzt mit selbstironischen Reimen, für die die „Rap-Zombies“ eh viel berühmter sind als für fette Beats. Die Refrainzeile „25 Years – Silberhochzeit, immer noch tight“ hat sich schon seit dem schicken Medley „25 Songs in 250 Sekunden“ bei der letztjährigen Echo-Verleihung eingeprägt. „Viele haben zu früh die Schnauze voll / So wie John and Ringo, George and Paul. / Hätten die sich noch’n bisschen Zeit genommen / dann wären sie sicher auch so weit gekommen“ ist aber auch ein schöner Beweis für die schwäbische Auslegung genretypischer Dicke-Eier-Posen durch die Stuttgarter Herzbuben.

Süß, wie sich die Herren an der Rampe schaffen

Sehr süß, wie sich die drei Herren mittleren Alters vorne an der Rampe schaffen. Wie sie in den besten Momenten zu einem Chorus mit drei Timbres und einer Chaos-Choreografie zusammenwachsen. Den Bauch von Smudo bekommt kein Hip-Hopper-Schwarz mehr schlank. Und Thomas D. trägt grauen Ziegenbart und betätigt sich mit seiner Xavier-Naidoo-Gedächtnisnummer „Gott ist mein Zeuge“ mal wieder als Eso-Showstopper. Egal, solange sie sich so perfekt die Leadvocals weiterreichen und über den ganzen Bühnenraum Kontakt zueinander und zum Fanvolk halten, ist in dieser Ehe seit 1989 einiges richtig gelaufen.

Neue Nummern, wie das mit dreckigem Beastie Boys-Appeal imprägnierte „Das Spiel ist aus“, das durch Ethno-Samples eingeläutete „Heute“ oder „Und los“ mit der Refrainzeile „Immer noch fehlt die Vision, aber irgendwas findet sich schon“ wechseln sich mit Best-of-Hits ab. Der Sound ist so gut wie die fünfköpfige Band, die Bühne nur mit einem mit Liveprojektionen und Visuals bespielten LED-Würfel, ebensolchen Wänden und einer in der Showmitte hochfahrenden Goldlamellenwand dekoriert. Das hat Würde, das hat Style. Und „Ernten, was wir säen“ oder „Tag am Meer“ sind einfach verdammt gute Lieder.

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