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Das Jüdische Museum Berlin.
© Alberto Fanego/dpa

Die Grenzen der Toleranz: Peter Schäfer machte das Jüdische Museum zum Inkubator für Israel-Ressentiments

Der Ex-Direktor bot BDS-Unterstützern und Forschern, die Islamophobie und Antisemitismus vergleichen, eine Plattform. Das geht nicht. Ein Gastbeitrag.

Im Streit um das Jüdische Museum Berlin ist im Juni 2019 Peter Schäfer vom Amt des Direktors zurückgetreten. Ihm folgt im April Hetty Berg aus Amsterdam. Die Diskussion um die Institution geht indessen weiter: Der Politikwissenschaftler Max Czollek hat im Tagesspiegel vom 27. 12. 2019 für das Jüdische Museum als ein offenes Haus plädiert. Hier antworten ihm Clemens Heni, Direktor des International Center for the Study of Antisemitism Berlin, und der Islamwissenschaftler Michael Kreutz.

Dass das Jüdische Museum ein offenes Haus bleiben müsse, wie Max Czollek im Tagesspiegel meint, ist eine wohlfeile Forderung. Auf den Artikel von Thomas Thiel in der „FAZ“, dem er sie entgegensetzt, geht er auf eine Weise ein, die die eigentliche Problematik verzerrt: Dass nämlich das Haus unter dem früheren Direktor Peter Schäfer nicht nur ein Forum für unterschiedlichste Themen war, sondern vor allem ein Inkubator für Ressentiments gegen Israel.

Thiel hatte in einem gut recherchierten Artikel die Beziehung des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin (ZfA), dem Jüdischen Museum Berlin sowie der antisemitischen BDS-Bewegung und der wissenschaftlich unhaltbaren und politisch gefährlichen Analogisierung von Antisemitismus und Islamophobie analysiert und kritisiert.

Diese Analogie geht zurück auf eine 2008 breit und kontrovers diskutierte Konferenz unter dem damaligen Direktor des ZfA, Wolfgang Benz. Thiel resümiert treffend den internationalen Forschungsstand zur Kritik an BDS wie auch der Analogie von Antisemitismus und Islamophobie.

Das eminent Wichtige an Thiels Text ist die Nennung von Personen, die Teil des Problems sind, wenn es um Antisemitismus geht. Das fängt mit Wolfgang Benz an, der bei dem Historiker Karl Bosl, einem überzeugten Nazi, promovierte (1968) und diesen noch 1988 in einer Festschrift würdigte, bevor er selbst 1990 Leiter des ZfA wurde.

Farid Hafez wiederum, Herausgeber des „Jahrbuchs für Islamophobieforschung“, wird nicht nur von einer islamistischen und der türkischen AKP nahestehenden Stiftung unterstützt, sondern hat im „wissenschaftlichen Beirat“ dieses Jahrbuchs auch einen international führenden BDS-Kader sitzen: Hatem Bazian.

Der Kern des Problems

Das Bittere ist, dass in diesem Beirat auch seriöse Forscher sitzen wie der Politologe Anton Pelinka, ein ausgewiesener Antifaschist und pro-israelischer Autor. Es gilt aber bei BDS das Gleiche wie bei Nazis: null Toleranz.

Thomas Thiel trifft den Kern des Problems: Jene, die Antisemitismus mit Islamophobie vergleichen oder analogisieren, möchten vom spezifisch muslimischen Antisemitismus, dem zumal in Ländern wie Frankreich gefährlichsten Antisemitismus unserer Tage, ablenken.

Denken wir an den Jihadisten Anis Amri und die von ihm ermordeten 12 Menschen am 19. Dezember 2016 auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Es ist seit den Anschlägen von 9/11 Mode, Kritik am Islamismus als rechts zu diffamieren.

Yasemin Shooman, die vormalige Programmdirektorin der W. Michael Blumenthal Akademie des Jüdischen Museums, die Czollek so vehement verteidigt, hat 2018 BDS-Aktivisten wie Sa'ed Atshan ins Jüdische Museum eingeladen, was in einer Kontinuität mit der 2013 durch die damalige Programmdirektorin Cilly Kugelmann erfolgten Einladung des antiisraelischen Aktivisten Brian Klug steht.

Der gute Name des Jüdischen Museums wurde benutzt

Beide benutzten den guten Namen des Jüdischen Museums, um die Delegitimation des jüdischen und demokratischen Staates Israel gesellschaftsfähig zu machen. Das verschweigt Czollek, der den Eindruck erweckt, Shooman komme in Wahrheit wegen ihrer „Forschung zur Diskriminierung von Muslimen und Musliminnen“ bei Thiel so schlecht weg.

Ausweislich ihrer Doktorarbeit stellt sie allerdings jede Kritik am Islamismus und am muslimischen Antisemitismus als politisch rechts und damit illegitim dar und relativiert mit Bezug auf erwähnten Brian Klug den Antisemitismus als eine „Feindseligkeit unter anderen“.

Das ist wissenschaftlich unlauter, wurde von Shooman aber programmatisch am Jüdischen Museum populär gemacht.

Insofern passt es gut ins Bild, wenn Shooman jetzt am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung unter Naika Foroutan arbeitet, die in ihrer Doktorarbeit die Islamische Republik Iran als Partner für einen interkulturellen Dialog präsentiert, in dem es nur darauf ankommt, das „Andere“, und sei es in Form einer sich religiös legitimierenden Diktatur, zu verstehen.

Islamisten dürfen nicht hofiert werden

Hier schließt sich der Kreis: Der Direktor des Jüdischen Museums, Peter Schäfer, hatte einen Vertreter des iranischen Regimes eingeladen, einen Kulturrat namens Ali Moujani, und damit den Funktionär eines Regimes, dessen oberste Repräsentanten wiederholt mit der Vernichtung Israels gedroht und sein baldiges Ende prophezeit haben.

Schließlich preist Max Czollek das jüdische Ernst Ludwig Ehrlich-Studienwerk an, ohne zu erwähnen, dass dort eine rabiate BDS-Aktivistin wie Stavit Sinai Stipendiatin war. 2017 störte Sinai eine Veranstaltung mit einer Holocaustüberlebenden und einer israelischen Politikerin an der Humboldt-Universität zu Berlin, um in antisemitischer Diktion Israel „crimes against humanity“ anzudichten.

Czollek promotet Shooman und sagt nicht, dass diese in der von ihm mit herausgegebenen Publikation „Jalta“ die unter Islamismusverdacht stehende Neuköllner Begegnungsstätte (NBS) aggressiv gegen Kritik der Jüdischen Gemeinde zu Berlin verteidigte.

Sind das Czolleks jüdisch-muslimische Kooperationen der Zukunft, gegen die Position der übergroßen Mehrheit der Juden in Berlin, wie wir sie in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin finden?

Forschung zur Diskriminierung von Muslimen und Musliminnen ist sicher aller Ehren wert, wer aber Vertreter eines islamistischen Regimes und Anhänger der BDS-Bewegung hofiert und den Antisemitismus als solchen relativiert, sollte vielleicht besser nicht an einer Institution tätig sein, die sich Jüdisches Museum nennt, das ansonsten selbstverständlich, da von Steuergeldern finanziert, für unterschiedliche Themen und Ansichten offen zu sein hat.

Clemens Heni, Michael Kreutz

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