Eindrücke vom Auftakt der Bayreuther Festspiele: "Parsifal", Pause nach dem ersten Aufzug
Ein erster Eindruck von der Bayreuther "Parsifal"-Premiere zur Eröffnung der Wagner-Festspiele. Es wird fleißig getwittert - weil die Inszenierung im Livestream zu sehen ist. Zwischenruf aus der Pause nach dem ersten Aufzug.
Ein christlicher Zufluchtsraum auch für Menschen anderer Religionen. Und ein gewaltiger Zoom durch die Kuppel bis an die Grenzen unseres Sonnensystems: Bayreuths neuer "Parsifal" stellt im ersten Aufzug die durchaus befremdlichen Rituale der bluttrinkenden Gralsritter heraus. Hartmut Haenchen als Einspringer am Pult lotet derweil dynamische Entwicklungspotentiale aus. Eines ist außerdem schon sicher: Gleich, im zweiten Aufzug, wird Parsifal in einer Art Hamam verführt. Regisseur Uwe Eric Laufenberg hatte zuvor versprochen, keine islamkritische Inszenierung zeigen zu wollen. Mal sehen, wie er das bis zum Ende dieses Abends hinbekommt.
Kaum geht Bayreuth live ins Internet, reagieren außerdem die sozialen Netzwerke.: Da die diesjährige Eröffnung der Bayreuther Festspiele live in rund 100 Kinos in Deutschland, Österreich und der Schweiz, aber zum Beispiel auch auf www.br-klassik.de gestreamt wird, häufen sich die Twitter-Kommentare zu Uwe Eric Laufenbergs "Parsifal"-Neuinszenierung. Die Vorstellung läuft seit Montag 16 Uhr, schon vor der ersten einstündigen Pause auf dem Grünen Hügel fanden sich gewitzte wie fachkundige Kommentare unter dem Hashtag Bayreuther Festspiele. "Der Chor der Bayreuther Festspiele ist der beste der Welt", schreibt Nutzer Amfortas auf Italienisch, "Holzbläser und Blech in Topform", so ein weiterer Kommentar. Tolle Bilder, heißt es, oder auch: "Bärenstark, die Gralsszene!" Ein englischsprachiger Tweet glaubt, im Bühnenbild die nordirakische Stadt Mosul zu erkennen - der Google-Earth-Flug durchs All zur Verwandlungsmusik endet tatsächlich ungefähr im Zweistromland, also dem heutigen Irak. Ein Nutzer macht sich Gedanken darüber, ob die Kameras für den Livestream im Festspielhaus vielleicht stören - wir können versichern, nein, die Polizei-Kameras vor dem Festspielhaus stören da schon eher mal. Auf die Sänger, darunter Klaus Florian Vogt als Parsifal, wird per Twitter bislang nicht im Einzelnen eingegangen, lediglich Gurnemanz alias Georg Zeppenfeld erntet erste Lorbeeren.
"Erfrischendes Dirigat. Eher unheilig", wird Hartmut Haenchen gelobt
Auf das Science-Fiction-Potential von Richard Wagner Bühnenweihfestspiel geht der Tweet "Verwandlungsmusik. Wo ist Raumschiff Enterprise?" ein, auch die 140-Zeichen-Vision "und irgendwo dort im weltall schwebt ein Meese vorbei" ist heiterer Natur. Der Skandalkünstler Jonathan Meese war ursprünglich für die Regie vorgesehen, die Festspielleitung kündigte jedoch den Vertrag mit ihm auf, angeblich, weil sein Konzept zu teuer war. Am Pult gab es einen noch kurzfristigeren Wechsel: Für den kurz vor der Premiere abgesprungenen Andris Nelsons übernahm Hartmut Haenchen. "Erfrischendes Dirigat. Eher unheilig", twittert Klavierissimo, der außerdem fragt: "Wann kommt das C, das bisher immer als Cis gespielt wurde?". Haenchen hatte vor der Premiere in Interviews etwa mit der "Süddeutschen Zeitung" betont, dass er nach der Uraufführungspartitur dirigiert, in der an einer Stelle ein C notiert ist. Bratschen und Posaunen hätten in Bayreuth hingegen immer ein Cis gespielt, nach veraltetem, falschen Notenmaterial.
"Dornen-Papst-Jesus unter Biobauern", seufzt einer
In der Pause zwischen erstem und zweitem Akt häufen sich naturgemäß die Kommentare: "Verlaufenberg" wortspielt ein Zuschauer, der mit Laufenbergs Regiekonzept wohl nicht einverstanden ist. "Puh, Dornen-Papst-Jesus unter Biobauern, bewacht von russischen Freischärlern", seufzt ein anderer Besucher, wieder ein anderer glaubt eher "Satanistische Franziskaner im wilden Kurdistan" erkannt zu haben. Es gibt auch erste Begeisterung über die Regie: Die Inszenierung sei "eine Studie über pathologischen Glauben, superb!", freut sich ein Nutzer.
Morgen an dieser Stelle mehr über den neuen Bayreuther "Parsifal".