Die Musikwelt trauert: Opernsängerin Stella Doufexis gestorben
Eine wichtige Stimme ist viel zu früh verstummt: Im Alter von nur 47 Jahren erliegt die Mezzosopranistin Stella Doufexis ihrer Krankheit.
Wenn das Libretto es will, dass die Sympathieträgerin bereits im ersten Akt ihr Leben lässt, dann nimmt der Operngänger das hin – denn er weiß ja: Zum Schlussapplaus wird sie wieder da sein, sich lächelnd verbeugen. Wenn eine hoch verehrte, ja vom Publikum geliebte Sängerin wie Stella Doufexis im Alter von nur 47 Jahren aus dem Leben gerissen wird, dann stürzt diese schreckliche Nachricht alle, die sie hören müssen, in tiefe Trauer. Weil sich dieser Vorhang nicht mehr öffnen wird, weil eine große Künstlerin viel zu früh verstummt ist.
Noch am 10. Dezember war Stella Doufexis als Solistin eines Konzerts des Deutschen Symphonie-Orchester annonciert gewesen, das in Mozarts „Requiem“ gipfeln sollte. Dass die Mezzosopranistin ihre Teilnahme absagte, schien nicht weiter beunruhigend in diesen feuchtkalten Tagen. Doch der Grund war gravierender. Am Dienstag erlag Stella Doufexis einer Krankheit, die sie schon lange gequält, aber nicht von der künstlerischen Arbeit abgehalten hatte.
1968 in Frankfurt am Main als Tochter eines griechischen Regisseurs und einer deutschen Mutter geboren, verkörperte Stella Doufexis idealtypisch eine neue Generation moderner Klassikinterpreten: schön und schlank, aber weit entfernt von jeder Divenhaftigkeit, stilistisch ungemein vielseitig, neugierig ebenso auf Zeitgenössisches wie auf Barockmusik, im Theater eine Teamarbeiterin, herzlich, kollegial, risikofreudig, bereit, sich auf jedes Regiekonzept einzulassen, das sie überzeugte.
Im Februar 1992 nahm der Tagesspiegel zum ersten Mal Notiz von ihr, da war sie gerade 24, Studentin an der Universität der Künste und sang Lieder von Alban Berg. „Affig“ hatte sie als Teenagerin das ganze Operngenre gefunden, mit dem Gesangsunterricht beginnt sie nur, weil sie in einer Rockband mitmachen will. Doch die Lehrerin erkennt das Ausnahmetalent, überredet Stella Doufexis, wenigstens eine Aufnahmeprüfung zu versuchen, in Berlin. Sie wird sofort angenommen, erhält nach dem Studium 1995 ein Engagement am Theater Heidelberg. Philharmoniker-Intendant Elmar Weingarten wird auf die attraktive Halbgriechin aufmerksam, organisiert ein Vorsingen bei Claudio Abbado, der sie gleich für mehrere Projekte buchte.
Nach acht erfolgreichen Jahren als Freiberuflerin lässt sich Stella Doufexis dann 2005 von der Komischen Oper anwerben, wird Ensemblemitglied. Zunächst als Experiment, für eine Spielzeit – es werden sieben Jahre daraus. In der Ära Andreas Homoki ist Stella Doufexis die Muse des Hauses, nicht nur in der gleichnamigen Rolle aus „Hoffmanns Erzählungen“: Mit Kirill Petrenko erarbeitet sie wichtige Mozart-Partien, verzaubert als Octavian in der legendären „Rosenkavalier“-Produktion, hebt 2009 in der Titelrolle die „Hamlet“-Vertonung ihres Ehemanns Christian Jost aus der Taufe, gibt eine starke Medea in Händels „Theseus“, aber ebenso auch Carmen und Xerxes.
Wo immer sie auftritt, was immer sie singt, ob Kammermusik oder Oper, ob Konzert oder Liederabend, stets fesselt sie Publikum wie Kritiker gleichermaßen, mit ihrem hellen, schlanken Mezzosopran, mit ihrem Charme, der sich mit interpretatorischer Tiefgründigkeit verbindet, mit ihrem Gespür für Klangfarben und Atmosphäre. Auf ihrer CD-Aufnahme französischer Orchesterlieder von Berlioz, Ravel und Chausson war vokale Verführungskunst in ihrer raffiniertesten Form zu erleben, ein synästhetischer Sinnenrausch: Man meinte förmlich, die unterschiedlichen Parfums der Kompositionen riechen zu können. Diese Stimme wird bitter fehlen. Nein, viel mehr als das: der Mensch Stella Doufexis.