„Der Traum von Olympia“ von Reinhard Kleist: Odyssee ohne Wiederkehr
In „Der Traum von Olympia“ erzählt der Berliner Comiczeichner Reinhard Kleist vom Fluchtversuch der somalischen Leichtathletin Samia Yusuf Omar. An zwei Abenden präsentiert er das Buch jetzt in Berlin.
Der Berliner Comiczeichner Reinhard Kleist hat sich auf gezeichnete Biografien spezialisiert. Nach seinem Johnny-Cash-Buch „I see a darkness“, zwei Kuba-Bänden und dem Geschichtsdrama „Der Boxer“ erzählt sein neues Buch „Der Traum von Olympia“ vom Schicksal der jungen somalischen Leichtathletin Samia Yusuf Omar.
Es beginnt damit, wie die junge Frau ihr Land bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking vertritt – beim Sprint über 200 Meter kommt sie im viel zu weiten Dress neben den durchtrainierten Muskelfrauen im hautengen Trikot abgeschlagen als Letzte ins Ziel. Das hält den Publikumsliebling nicht davon ab, von den nächsten Spielen 2012 in London zu träumen. Doch die Bedingungen in ihrer Heimat machen die Vorbereitung praktisch unmöglich: Die Trainingsbahn gleicht einer Kraterlandschaft, und die religiösen Fundamentalisten, die Samias Heimatstadt mit Gewalt und Terror kontrollieren und Frauen jegliche sportliche Aktivität verbieten, bedrohen sogar Samias Leben.
In Äthiopien, wo Samia zwischenzeitlich ihr Glück versucht, läuft es nicht besser. Der Traum von einer Teilnahme in London scheint in weite Ferne zu rücken. Letztlich sieht Samia die Flucht nach Europa als einzige Chance. So lässt die junge Sprinterin sich auf eine Odyssee ein, die sie großen Strapazen aussetzt und skrupellosen Schleppern ausliefert. Diese wollen ständig mehr Geld, und die angeblich fest geplante Reiseroute nach Italien entpuppt sich als Lüge. Samia sitzt fest, und selbst das Posten ihrer Facebook-Statusmeldungen, die der Comic als narratives Stilmittel einbindet, wird immer schwieriger. Am Ende klappt es zwar mit der Mittelmeer-Überfahrt in einem hoffnungslos überladenen Boot, allerdings überlebt Samia sie nicht – die 21-Jährige ertrinkt.
Ohne einen Strich zu viel zu setzen, fängt der Berliner Comicmacher scheinbar mühelos ein, was Samia bewegt und wieso sie jedes Risiko eingeht. In seinem feinfühlig inszenierten Flüchtlingsdrama, das ursprünglich als Fortsetzungsgeschichte in der „FAZ“ erschien, nutzt einer der besten Comic- Künstler Deutschlands ein Einzelschicksal, um im Kontext der Asyl-Debatte daran zu erinnern, dass es nicht um Politik und Statistiken geht – sondern um verzweifelte Menschen, die vielleicht nicht alle von den Olympischen Spielen träumen, aber von einem besseren, würdigeren Leben.
Reinhard Kleist: Der Traum von Olympia, Carlsen, 152 Seiten, 17,90 Euro
Terminhinweise: Am 24. Februar spricht Reinhard Kleist um 18.30 Uhr im SO 36 (Oranienstr. 190, Kreuzberg) über sein Buch und die Lage von Flüchtlingen. Am 26. Februar präsentiert er sein Buch um 19 Uhr bei Dussmann, Friedrichstr. 90
Der Blog unseres Autors Christian Endres findet sich hier: www.christianendres.de, weitere Tagesspiegel-Artikel von ihm lesen Sie hier.
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