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Gyula Orendt
© Gregor Hohenberg

Opernsänger Gyula Orendt: O Traurigkeit!!

Der junge Bariton Gyula Orendt hat sich einen Platz im Ensemble der Staatsoper ersungen. Auch bei seinem Liederabend im Schillertheater kann er überzeugen.

Eine Zugabe hat er nicht eingeplant, obwohl seine Lieder geeignet sind, das Publikum im Sturm zu erobern. Denn Gyula Orendt trifft sensibel den Ton Gustav Mahlers und befindet sich als Sänger ungarisch-rumänischer Herkunft naturgemäß in seinem Element, wenn es um Zoltán Kodály geht.

Aus dem Opernstudio der Staatsoper ist der junge Bariton ins Ensemble aufgestiegen, wirkte als Konrad Nachtigall im ehrwürdigen „Meistersinger“-Ensemble neben Franz Mazura und steht zudem schon in Rollen wie Papageno und Harlekin auf der Bühne.

Unter der Obhut des Lied-Advokaten Axel Bauni am Klavier singt er nun im Gläsernen Foyer des Schillertheaters so eindringlich von den romantischen Schmerzen unglücklicher Liebe, dass sich nach jedem Zyklus seines Programms zunächst gebannte Stille vernehmen lässt.

Die Stimme hat einen schönen metallischen Kern, phrasiert noch nicht ganz ebenmäßig im Klang, aber gestaltend, voll von persönlichem Ausdruck. In den Heine-Liedern Opus 24 von Schumann gelingt die „Schöne Wiege meiner Leiden“ besonders rührend mit dem Ausbruch „Dass ich jetzt so elend bin“. Und im Sinn des Dichters begreift und interpretiert der Sänger, dass sich aussichtslose Realität nur mit Ironie poetisieren lässt: „Von zwei Jungfraun nehm’ ich Abschied/Von Europa und von Ihr.“

Nach der Pause zeigt er bemerkenswerte Einfühlung in Mahlers „Lieder eines fahrenden Gesellen“. Wie der Wanderer morgens übers Feld geht und Vögel und Blumen im Sonnenschein sieht, da funkelt ihm die „schöne Welt“. So singt es Orendt mehr jugendlich als „gemächlich“ heiter, um im Kontrast das eigene Ich quasi verstummen zu lassen: „Nun fängt auch mein Glück wohl an?“

Dieser Stimmungswechsel ist der vielleicht bewegendste Moment des Abends, bevor sich in Nr. 3 und 4 des Zyklus das geradezu verrückte „O Weh!“ aus Leid in Traum auflöst. Die „Vier Lieder“ und das Opus 1 von Kodály, dem Freund Bartóks im Studium der Bauernmusik, präsentieren den Komponisten als „Begründer des ungarischen Kunstlieds“ (Dramaturg Detlef Giese im Programmheft). Denn im reichen Klavierpart zwitschern die Vögel oder wütet der Trotz, während die Stimmung im Ganzen traurig bleibt. Das ist Folklore-Nähe und Naturpoesie. Wenn der Empfindsame von einem Kranz singt, den er „zur Freude meiner wahren Liebe“ bindet, schwingt Stolz im Gesang von Gyula Orendt.

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