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Models auf der Neonyt-Schau, Mäntel von Brachmann, Hut von Spatz Hutdesign.
© dpa/Britta Pedersen

Messe Neonyt auf der Fashion Week: Nur mal kurz die Mode retten

Auf der Neonyt wird gute, nachhaltige Mode verkauft und in verschiedenen Formaten über die Zukunft der Textilindustrie diskutiert. Aber wer weiß davon?

Das grüne Herz der Berliner Fashion Week schlägt im Kraftwerk Mitte. Hier haben sich in den letzten Jahren Veranstaltungen konzentriert, die sich mit Nachhaltigkeit und Innovation beschäftigen – zwei Themen, die heute untrennbar verbunden sind. Diese Saison wurde diesem Konglomerat aus Messen für ethisch produzierte und grüne Bekleidung, Konferenzen und Networking ein schicker neuer Name verpasst. Das Kunstwort „Neonyt“, das „erneuerte Neu“ soll ein Synonym sein für die Transformationsprozesse, in denen sich die Modebranche befindet oder die ihr noch bevorstehen. Neudeutsch wird der Zusammenschluss der vielen Formate „Hub“ genannt, also eine Plattform, auf der durch die Begegnung vieler Ideen neue generiert werden.

Das funktioniert unterschiedlich gut. Mitreißend und immer ein wenig beängstigend ist die Konferenz Fashiontech. Früher war sie eher ein Exot im grünen Umfeld, da es überwiegend darum ging, neue Technologien zu nutzen, um schneller mehr Mode zu verkaufen. Heute werden dort euphorisch die neuesten Ideen und Erfindungen präsentiert, die zumindest den von der Modeindustrie bedrohten Teil der Welt retten sollen. Auf dem Podium der Nachhaltigkeitskonferenz Fashionsustain sitzen dagegen auch WWF und Greenpeace, die die in diesem Jahr erstaunlich versprengten Zuhörer auffordern, nicht alles zu glauben, was die Konzepte von Recycling oder „Circular Fashion“ versprechen. Und es gibt Hoffnung, hier Textilproduzenten zu erleben, die über individuelle Lösungen und Innovationen sprechen und Wissen zur Verfügung stellen, um den Prozess hin zu einer nachhaltigeren Textilindustrie zu beschleunigen.

Kauft weniger und besser

Man spürt neuerdings aber auch die Bedenken der Pioniere. Die Umstellung auf Biobaumwolle braucht drei bis fünf Jahre, bis sich Böden so regenerieren, dass sie das Wasser halten können, eher zehn bis zwölf. Schon heute ist C&A der größte Abnehmer für Bio-Baumwolle. Bei wachsender Nachfrage fürchten die kleineren Label um den Zugriff auf ihre Ressourcen.

Wichtig wäre es, die vielen Informationen zu bündeln und zu interpretieren. Zwar gibt es das Format „Thinkathon“, für das Experten aller Disziplinen konkrete Probleme zu lösen haben. Doch dies geschieht bisher nur im Auftrag von Firmen; die Ergebnisse bleiben weitgehend deren Geheimnis. Hier wäre dringend ein Sponsoring-Modell notwendig, damit es Ergebnisse gibt, die der Allgemeinheit dienen.

Nachhaltige Mode auf der Neonyt-Schau, Jacke von Langer Chen.
Nachhaltige Mode auf der Neonyt-Schau, Jacke von Langer Chen.
© Getty Images for NEONYT

Wie sieht es unter diesen Voraussetzungen also mit Erkenntnissen aus, die auch Konsumenten sofort umsetzen können? Ganz klar: Kauft weniger und besser, liebt die Mode und tragt sie länger. Dass nachhaltige Mode heute genauso attraktiv ist wie konventionell erzeugte, weiß man zwar eigentlich schon länger. Die kuratierte Neonyt Fashion Show, die Designs verschiedener Designer zu Looks kombiniert, führte das noch einmal nachdrücklich vor und band auch Labels ein, die zwar nachhaltig produzieren, sich aber entschieden haben, sich nicht auf der Messe zu präsentieren.

Zur Neonyt kommt ein bestens informiertes Publikum

Die Show, die bisher immer etwas überflüssig schien, könnte so zum Bindeglied zwischen der Neonyt und den anderen Messen und Veranstaltungen der Fashion Week werden und um jenen Teil der Besucher und Aussteller werben, bei denen das Thema Nachhaltigkeit nicht an erster Stelle stand. 

Denn das ist deutlich zu spüren: Zur Neonyt kommt ein bestens informiertes Publikum. Die vielen Veranstaltungsformate zur Nachhaltigkeit, die zur Fashion Week teils zeitgleich auf der Neonyt, aber auch an anderen Orten mit den gleichen Gästen stattfinden, beginnen sich zu kannibalisieren. Anders ist es kaum zu erklären, dass die Fashionsustain- Konferenz gerade in diesem Jahr, in dem Nachhaltigkeit in Mode gekommen ist, so schlecht besucht war. Immer wieder erfährt man, dass Fashion-Week-Besucher gar nichts von der Vielfalt des Neonyt-Formats wissen. Vor allem das junge Publikum fehlt, das besonders dem Thema Fast-Fashion ausgesetzt ist. Da hilft nur mehr Offenheit und Transparenz. So, wie es für nachhaltige Mode immer gepredigt wird.

Ingolf Patz

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