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Ein Modell des geplanten Freiheits- und Einheitsdenkmals in Berlin.
© picture alliance / dpa

Berliner Schlossplatz: Niemand hat die Absicht, kein Denkmal zu bauen

Am Mittwoch tagte der Kulturausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus - nicht öffentlich. Einziges Thema: Das geplante Einheitsdenkmal vor dem Humboldt-Forum.

Mit der Demokratie ist es in der Kultur hierzulande manchmal nicht weit her, jedenfalls seitdem die CDU hier federführend ist. Dass der Bundeskulturausschuss, bei dem an diesem Mittwoch das Aufregerthema Berliner Einheitsdenkmal verhandelt wurde, nicht öffentlich tagt regt viele auf. Der Ausschuss-Vorsitzende Siegmund Ehrmann (SPD) äußert Unmut darüber, dass die Christdemokraten auf den Ausschluss der Öffentlichkeit beharren. Die Linken und die Bündnisgrünen äußern die gleiche Kritik. „Kulturpolitik ist keine Geheimsache!“, so der Kulturrat.

Dabei gibt es beim Berliner Einheits- und Freiheitsdenkmal gerade nichts Wichtigeres als Öffentlichkeit und Debatte. 2007 beschlossen, 2011 mit dem Siegerentwurf von Sasha Waltz und Johannes Millas „Einheitswippe“ in die nächste Phase gelangt, 2016 vom Haushaltsausschuss mit Finanzstopp belegt, droht die Idee, im Schatten des Humboldt-Forums an die friedliche Revolution zu erinnern, im politischen Debakel zu enden.

Die Experten sagen: Parlamentsbeschlüsse sind bindend

„Manchmal brauchen Dinge einen längeren Reifungsprozess. Es ist nicht falsch, die Diskussion nochmals zu führen“, meint Rüdiger Kruse, der als kulturpolitischer Sprecher der CDU der Sitzung als Gast beiwohnte. Kulturstaatsministerin Monika Grütters plädiert ohnehin für einen Neustart der Diskussion, auch um den Standort. Burkhard Blienert, für die SPD im Kulturausschuss, begrüßt es, dass nun ein „ breiter Diskussionsprozess, Transparenz und Öffentlichkeit“ eingesetzt hat. Leider sei es „in der Vergangenheit zu oft geschehen, dass Kulturprojekte wegen unzureichender finanzieller und baulicher Planung sowie mangelnder gesellschaftlicher Akzeptanz zu scheitern drohten“.

Ulle Schauws von den Grünen sieht das anders. Von der Sitzung berichtet sie, dass alle dort aufgetretenen Experten – darunter die Historiker Christoph Stölzl und Gabi Dolff-Bonekämper, Olaf Weißbach für die Robert-Havemann-Gesellschaft und Denkmalsbefürworter Wolfgang Thierse – sich für das geplante Denkmal aussprachen, am vorgesehenen Standort neben dem Schloss. Man solle die Experten ernst nehmen. Bei aller Notwendigkeit der Einbindung der Bevölkerung und einer „transparenten Klärung des gesamten Verfahrens“ gehe es nicht an, dass über Jahre gereifte Parlamentsbeschlüsse ausgehebelt werden. Die Auftragsvergabe an Künstler und Architekten müsse verbindlich sein. Eine Demokratie, die die eigenen parlamentarischen Prozesse nicht ernst nimmt, mache sich unglaubwürdig. Daran erinnerte im Ausschuss auch Bundestagspräsident Norbert Lammert: Parlamentsbeschlüsse sind bindend.

Will heißen: Niemand hat die Absicht, kein Einheitsdenkmal zu bauen. Auch Sigrid Hupach, kulturpolitische Sprechern der Linken, betont die Notwendigkeit einer breiten öffentlichen Akzeptanz. Es könne nicht sein, dass „ein Haushaltsausschuss nach Gutsherrenart entscheidet, was in Berlin gebaut werden soll oder nicht“. Burkhard Blienert betont nach dem Ende der Anhörung, dass der Widerspruch zwischen Parlaments- und Haushaltsausschuss-Beschluss zügig aufgelöst werden müsse. Auch das ist die Demokratie sich schuldig. Dass Empathie und Herzblut bei der Würdigung des Bürgereinsatzes für Einheit und Freiheit 1989 im Spiel sind, versteht sich von selbst. Und dass das Lebenselixier einer Demokratie die Kontroverse ist. Auch die Kontroverse um Denkmäler.

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