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Berliner Schloss (links), die Attrappe der Bauakademie (Mitte) und Friedrichwerdersche Kirche.
© dpa

Bauakademie in Berlin: Bundesgelder befeuern Debatte um historische Mitte

Rund 660 Millionen Euro mehr für die Kultur sieht der Bundeshaushalt vor. Davon profitiert auch die Rekonstruktion der Berliner Stadtmitte. Schaffen die Finanzpolitiker Fakten per Etatbeschluss?

62 Millionen Euro haben die Haushälter des Bundes für den Wiederaufbau der Schinkel’schen Bauakademie gegenüber dem Schloss freigegeben, während die Debatte über die Funktion des Hauses Fahrt aufnimmt. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, wünscht sich ein Architekturmuseum. Thomas Köhler von der Berlinischen Galerie mit ihrer noch größeren Architektursammlung plädiert hingegen für einen Ort, an dem über die Zukunft des Bauens nachgedacht wird; auch Stararchitekt Hans Kollhoff schwebt als Präsident des Vereins Internationale Bauakademie Berlin ein Kompetenzzentrum vor.

Werden jetzt qua Haushaltsbeschluss Fakten geschaffen? So mancher kritisiert den hohen Zuschlag von insgesamt gut 660 Millionen Euro Kulturfördergeldern per Nachtragshaushalt als undemokratisch. Etwa Wolfgang Thierse bei den 18,5 Millionen Euro für die historischen Kolonnaden gleich neben der Bauakademie. Deren Realisierung würde das vom Bundestag beschlossene, vorerst gestoppte und weiter umstrittene Einheitsdenkmal ersetzen, jedenfalls an diesem Standort (Tsp. vom 26.11.). Hier steht politischer Wille gegen politischen Willen – während die Wiedererrichtung der Bauakademie weitgehend Konsens ist, auch mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters.

„Es gibt kein demokratischeres Gremium als den Bundestag“, verteidigt SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs das Procedere. Er hat parteiübergreifend mit anderen Kollegen für die kräftige Kulturfinanzspritze gesorgt. „Der Haushaltausschuss beschließt, es geht durch den Bundestag und den Bundesrat, am 1. Januar 2017 ist es Gesetz.“ Wird die Summe nicht abgerufen, fällt sie zurück an den Finanzminister.

Das Land Berlin muss sich nicht beteiligen

Die 62 Millionen genügen für die Rekonstruktion der Akademie. Kahrs spricht von einer 100-Prozent-Finanzierung mit eingeplantem Puffer für mögliche Kostensteigerungen. Den Haushältern schwebt zudem die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Trägerin vor. Das hieße, der Bund finanziert über die SPK auch die Betriebskosten, das Land Berlin bräuchte sich nicht zu beteiligen.

Was genau mit dem Geld geschehen soll, darüber kann das Bundesbauministerium nun mit den Beteiligten Gespräche führen, mit der Kulturstaatsministerin, dem Land Berlin und den Hütern der hiesigen Architekturschätze, von der Preußenstiftung bis zur TU. „Wir treffen keine Vorentscheidungen, wir machen Angebote“, stellt Kahrs klar. Wie überhaupt bei Vorhaben, über die endlos diskutiert wird und die am Geld zu scheitern drohen.

Den Unmut über die frischen Kultur-Millionen, von denen alle Bundesländer profitieren, versteht Kahrs nicht. „Es kommen bestimmt wieder Zeiten, in denen gespart wird,“ meint der Hamburger Bundestagsabgeordnete. „Wir können das Geld auch für Autobahnen oder Panzer bereitstellen. Derzeit gibt es eine Allianz für Kultur und Denkmalschutz im Haushaltsausschuss, warum soll man das nicht nutzen?“ Grütters verfügt über einen Jahresetat von 1,6 Milliarden Euro, in den letzten vier Jahren kamen über den Nachtragshaushalt weit über 1,5 Milliarden Euro hinzu, unter anderem für das Museum der Moderne am Kulturforum.

Der Neptunbrunnen bleibt, wo er ist

Die Haushälter als Retter in der Not? Das „Angebot“, die Kolonnaden, die Bauakademie und am liebsten auch noch den Neptunbrunnen wieder am Schloss zu platzieren, kommt allerdings einer städtebaulichen Vorgabe gleich. Die Bundes-Finanzpolitiker möchten das Schloss mit dem Humboldt-Forum in eine historisierende Umgebung einbinden. „Wir haben in Berlin nur eine Prachtstraße, nämlich Unter den Linden vom Brandenburger Tor bis zum Roten Rathaus,“ sagt Kahrs. Er ist sicher, dass es dafür eine große Akzeptanz in der Bevölkerung gibt.

Berlins Mitte-Baustadtrat Ephraim Gothe hat aber gerade wieder beteuert, dass der Neptunbrunnen dort bleibt, wo er ist, zwischen Marx-Engelsforum und Fernsehturm. Und die rot-rot-grüne-Koalition in Berlin wird sich kaum vom Bund vorschreiben lassen, wie die historische Mitte rund ums Schloss aussehen soll. Zumal auch auf Bundesebene der Streit über das Einheitsdenkmal nicht beendet ist. Schon gar nicht darf die Finanzierung der Bauakademie dazu führen, dass die Auseinandersetzung über Sinn und Zweck des Gebäudes handstreichartig abgekürzt wird.

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