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Peter Handke
© picture alliance/dpa

Nobelpreisdebatte um Peter Handke: Nicht schuldig im Sinn der Anklage

Über Peter Handke seien falsche Behauptungen im Umlauf, sagt der Suhrkamp Verlag. Darum veröffentlicht er nun Klarstellungen.

Als während der Frankfurter Buchmesse der traditionelle Suhrkamp-Kritikerempfang in der Unseld-Villa stattfand, knapp eine Woche nach der Verkündigung des Literaturnobelpreises Peter Handke, hielt sich der Verlag mit der Freude über diese Nobelpreisehren für seinen Autor dezent zurück. Zu intensiv wurde zu diesem Zeitpunkt schon die Handke-Jugoslawien-Debatte geführt. Die inoffizielle Rede beim Empfang ging mehr dahin, dass Suhrkamp Schwierigkeiten habe, falsche Behauptungen über Handke im Ausland, gerade in Skandinavien und den USA richtig zu stellen, zum Beispiel den von Alexander Hemon falsch wiedergegebenen Satz „Du kannst dir deine Leichen in den Arsch stecken“. Solchen Behauptungen wolle man in jedem Fall schon bald entgegentreten.

Probleme mit der Richtigstellung

Das tut der Suhrkamp Verlag nun. Er stellt sich hinter seinen Autor, wie es sich ja gehört, und hat eine bislang 25 Seiten umfassende, in Englisch verfasste Handke-„Materialdarreichung“ erarbeitet, und zwar „für unsere Partner weltweit, besonders für die Länder, in denen die meisten schrägen/teils falschen Zitate auftauchen – und wo man Handke nicht lesen kann, da vieles nicht übersetzt ist“. Um Klarstellungen geht es, „clarifications“, um ebenjene falschen Zitate, aber auch darum, dass Handke Völkermord und Kriegsverbrechen womöglich entschuldige oder gar leugne, um Handkes Haltung zu Nationalismus, Faschismus und dem Holocaust, seine Nähe zu Slobodan Miloševic. Vorangestellt sind dem Papier Zitate aus den Medien, die dann mit Interview-Aussagen und Stellen aus Handkes Büchern erläutert und klarer-, im Sinn des Schriftstellers „richtig“-gestellt werden sollen.

Aus dem Zusammenhang

Das mag hie und da gelingen, ist in seiner Gesamtheit jedoch ein problematisches Unterfangen. Viele der Handke-Zitate werden aus ihrem Zusammenhang gerissen. Und dieser macht doch das Wesen der Jugoslawien-Texte aus, bei dem Aufwand, den Handke rhetorisch betreibt mit seinen Fragenaneinanderreihungen, Gegenüberstellungen und Suggestionen. Wenn Handke zum Beispiel in „Rund um das große Tribunal“ gleich zu Beginn gesteht, dass seine Helden in Gerichtsfilmen und auch anderen Filmen immer die Angeklagten waren, ob schuldig oder nicht.

Ja, und so kann man hier in den Suhrkamp-„Clarifications“ etwa wieder lesen, dass er Miloševic „nicht als ,unschuldig‘“ begreife, „sondern als ,Nicht schuldig im Sinne von Anklage‘ und ebenso im Sinne der Organisation, des Prozesses, seiner Geburt sowie der Art und Weise, wie die Richter damit umgehen“. Verklarung klingt anders.

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