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Szene aus Frank Castorfs Inszenierung "Baal" vom Münchner Residenztheater, die nur noch einmal beim Theatertreffen gezeigt werden darf.
© Thomas Aurin

Theatertreffen eröffnet in Berlin: Neuland in Sicht

In Berlin eröffnet am Freitag das 52. Theatertreffen. Es präsentiert eine junge Szene mit vielen neuen Namen und neue Theatertexte. Das macht Hoffnung auf eine neue Diskussion um die Zukunft des Theaters.

Er starb so jung, mit 37 Jahren. Und er hat ein gewaltiges Werk hinterlassen, das immer wieder überrascht. Rainer Werner Fassbinder (1945-1982) wird man jetzt häufiger begegnen – im Kino, im Fernsehen, im Gropius-Bau, wo am 6. Mai die Ausstellung „Fassbinder – Jetzt“ eröffnet. Zum Theatertreffen sind die Münchner Kammerspiele mit dem Fassbinder-Stück „Warum läuft Herr R. Amok?“ eingeladen.

Ihm also, dem ultraproduktiven Autor, Regisseur und Schauspieler, widmen die Berliner Festspiele die kommenden Wochen. Fassbinder lebte und arbeitete in einer Zeit, als das Theater noch sehr anders war, sich auf feste Größen stützte und unangefochten als Regietheater verstand, mit berühmten Ensembles und großen Namen, die stetig wiederkehrten.

Theatertreffen präsentiert eine junge Szene

Das hat sich radikal geändert. Zuletzt war in Berlin zu spüren, wie sehr einige alte Theaterfürsten an vergangenen Zeiten festhalten. Dieses Theatertreffen präsentiert eine junge Szene, viele neue Namen. Das Maxim Gorki Theater ist mit Yael Ronens „Common Ground“ dabei – Kriegsgeschichten aus Ex-Jugoslawien, die sich in Berlin kreuzen. Vom Deutschen Theater Berlin kommt „Warten auf Godot“ mit Samuel Finzi und Wolfram Koch, eine Hommage an den im Oktober 2013 gestorbenen Regisseur Dimiter Gotscheff. Das ist die Spannbreite: Balkanrecherche und Beckett. Wenn man bedenkt, dass „Godot“ vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Besatzung entstand, liegen die Dinge nicht so weit auseinander bei diesem 52. Theatertreffen, das sich als rauer, heterogener Jahrgang ankündigt. Gut!

1982, im Jahr, als Fassbinder starb, war Klaus Michael Grüber mit seinem „Faust“, Ernst Wendt mit dem „Tasso“, Jürgen Gosch mit „Nachtasyl“ und Otto Sander und Peter Fitz mit ihrem Beckett-Impromptu nominiert. Sie sind alle nicht mehr unter uns. Und Hans Neuenfels („Penthesilea“, „Die Schwärmer“), Jürgen Flimm („Leonce und Lena“) und Claus Peymann („Nathan der Weise) standen auf dem Programm. Verdammt lang her.

Neue Theatertexte

Jetzt ist Frank Castorf der Älteste, mit seinem „Baal“, der hier ein Endspiel bekommt. Die Brecht-Erben verbieten jede weitere Aufführung. Das hat ja auch eine gewisse Dramatik. Für neue Theatertexte interessiert sich Castorf weniger – aber es gibt welche. Und die Theatertreffen-Jury hat sich für sie entschieden. Was zu hoffen ist? Dass nach dem Berliner Volksbühnen-Theaterkrach eine neue Diskussion beginnt. Die Frage, welches Theater wir wollen, ist weder beantwortet noch scharf genug gestellt.

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