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Irina Antonowa.
© dpa

Beutekunst: Nach dem Eklat: Irina Antonowa gibt die Leitung des Puschkin-Museums ab

Irina Antonowa geht, offiziell, nach dem Eklat mit Kanzlerin Merkel bei einer Ausstellungseröffnung in St. Petersburg. Antonowa , 91, ist Hardlinerin in Sachen Trophäenkunst und einflussreich wie kaum eine andere russische Museumskoryphäe.

Der Blitz kam aus heiterem Himmel. Die Mitarbeiter des Moskauer Puschkin-Museums – eine der bedeutendsten Kunstsammlungen Russlands – wussten nicht, warum sie am Montagmittag plötzlich in den Italienischen Saal gebeten wurden. Dort eröffnete ihnen Kulturminister Wladimir Medinski, dass Direktorin Irina Antonowa ihren Posten verlässt. Nachfolgerin wird die Chefin der Vereinigung Moskauer Museen, Marina Loschak.

Antonowa soll die Trophäenkunst selbst mit ausgeladen haben

Antonowa, die im März 91 Jahre alt wurde, hat das Haus 52 Jahre lang geleitet und gilt als Hardlinerin in Sachen Beutekunst. Die Kriegstrophäen, die die Rote Armee 1945 aus Deutschland in die Sowjetunion verbrachte, soll sie selbst mit ausgeladen haben. Die am 20. März 1922 in Moskau geborene Kunsthistorikerin, die in ihrer Kindheit einige Jahre in Deutschland lebte und Deutsch spricht, wehrte sich stets gegen solche Berichte. Solche „verlogenen und schmutzigen Artikel“ hielten sich bis heute in deutschen Zeitungen, sagte sie einst. 1945 machte sie auch ihren Abschluss als Kunsthistorikerin an der Moskauer Lomonossow-Universität. Die Filetstücke bekam das Puschkin-Museum, das sie ab 1961 leitete, darunter das von Heinrich Schliemann in Troja ausgegrabene Gold, Kleinodien aus der Merowinger-Zeit oder den bronzezeitlichen Goldschatz von Eberswalde. Die Beute, so Antonowa, sei Entschädigung für die Verluste sowjetischer Museen nach Hitlers Überfall 1941. Eine Auffassung, die die Duma 1998 gesetzlich fixierte. Die Bundesregierung erzielte mit ihren zahlreichen Protesten bisher nur Erfolge im Nano-Bereich.

Antonowas überraschende Entlassung erklären Experten mit dem Eklat beim Besuch der Bundeskanzlerin vor zehn Tagen in St. Petersburg. Angela Merkel sprach das Beutekunstthema bei der Eröffnung der deutsch-russischen Bronzezeit-Ausstellung an – 600 Exponate sind Kriegstrophäen. Gastgeber Putin hatte zuvor versucht, Merkels Grußwort zu verhindern. Kulturminister Wladimir Medinski betonte gleichwohl nach einem Treffen mit ihr, Antonowa selbst habe ihren Abschied bestimmt. .

Das Puschkin-Museum leitet Antonowa seit 1961

Bei ihrem 90. Geburtstag im Vorjahr hatten russische Feuilletonisten die rüstige Kunstwissenschaftlerin als Expertin von Weltrang gerühmt, ihre Energie, ihr Selbstbewusstsein und ihre Kompromisslosigkeit. Zu Sowjetzeiten organisierte sie die erste Schau mit Arbeiten des Surrealisten Salvador Dalí. Nach Ende des Kalten Krieges öffnete sie die Geheimdepots mit Beutekunst, nach dem Moskau bereits zu DDR-Zeiten große Mengen etwa an die Gemäldegalerie in Dresden zurückgegeben hatte. Gleichwohl haftete Antonowa unter Museumskollegen auch der Ruf einer unverbesserlichen Sowjetfunktionärin an: Zu Chruschtschows Zeiten war sie 1961 zur Leiterin des Museums ernannt worden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Putin in St. Petersburg, am 21. Juni.
Russlands Präsident Putin präsentiert Kanzlerin Merkel eine historische Lithografie am Rande ihres Treffens in St. Petersburg am 21. Juni. In der dortigen Eremitag war es anlässlich der Eröffnung einer Bronzezeit-Ausstellung wegen des Beutekunst-Themas fast zum Eklat gekommen. Auch Irina Antonowa traf die Kanzlerin dort.
© Reuters

Antonowas Nachfolgerin Marina Loschak wurde von russischen Online-Medien bereits mit Vorschusslorbeeren als Liberale bedacht. Revolutionen, verkündete sie jedoch in ihrer Antrittsrede, plane sie nicht, die Traditionen des Hauses würden gewahrt. Dafür dürfte auch Antonowa selbst sorgen, als künftige Ehrenpräsidentin des Museums. Für das Amt, das es bisher nicht gab, sollen die Statuten kurzfristig geändert werden. (mit dpa)

Elke Windisch

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