Bayreuther Festspiele: Mir schwant nichts Gutes
Schon wieder eine Hiobsbotschaft aus Bayreuth: Alvis Hermanis will 2018 nun doch nicht "Lohengrin" inszenieren. Ein Kommentar
Nun ist der Moment gekommen, um zu fragen: Was hat Katharina Wagner, was andere nicht aushalten können? Seit die Komponisten-Urenkelin als Intendantin die Bayreuther Festspiele verantwortet, gibt es ständig Knatsch auf dem Grünen Hügel. Jetzt kommt schon wieder eine Hiobsbotschaft: Regisseur Alvis Hermanis hat die Verhandlungen über eine Inszenierung des „Lohengrin“ im Sommer 2018 beendet. „Er hat mitgeteilt, dass er das nicht machen möchte“, erklärte Pressesprecher Peter Emmerich gewohnt schmallippig. Für ihn werde wohl Yuval Sharon einspringen. Einen Vertrag hat der amerikanische Regisseur, von dem es bislang hieß, Wagner wolle ihm 2019 den „Tannhäuser“ anvertrauen, noch nicht unterschrieben.
Wir erinnern uns: 2011 verzichtete Wim Wenders nach langem Nachdenken dankend darauf, als erste Opernregie zum 200. Geburtstag von Richard Wagner den „Ring“ fürs Festspielhaus zu inszenieren. Die Chose übernahm 2013 dann Frank Castorf – und wetterte hinterher über die Festspielleitung, der es „nur noch um den Machterhalt“ gehe. Wenders wird sein Musiktheaterdebüt nun übrigens im Juni 2017 an der Berliner Staatsoper geben, mit Bizets „Perlenfischern“.
Meese durfte nicht, Nelsons wollte nicht mehr
2012 dann der Skandal um den „Holländer“-Sänger Evgeny Nikitin, der wegen einer hakenkreuzähnlichen Tätowierung, die er bereits hatte überstechen lassen, von Frau Wagner zum Gespräch zitiert wurde – und anschließend abreiste. Folgte Jonathan Meese, der im November 2014 von seiner „Parsifal“-Verpflichtung entbunden wurde, gegen seinen erklärten Willen. Die Begründung, sein Projekt sei zu teuer, wollte er nicht gelten lassen.
In diesem Sommer warf schließlich der Dirigent Andris Nelsons kurz vor der Premiere des „Parsifal“ hin. Katharina Wagner konnte die Öffentlichkeit anschließend nicht wirklich über die Gründe für diesen radikalen Schritt aufklären. Also blühten Gerüchte, es könne an Christian Thielemann gelegen haben, dem Intimus Wagners in musikalischen Fragen.
So wie man das auch schon 2015 gemunkelt hatte, als sich der öffentlichkeitsscheue Kirill Petrenko mit einem scharfen Statement zu Wort meldete. „Nur die Verantwortung meinen Kollegen gegenüber“ hielt ihn davon ab, seine Mitwirkung am „Ring“ aufzukündigen, teilte der Dirigent mit. Er sei „zutiefst irritiert in Bezug auf den würdelosen Umgang der Festspiele mit zwei Persönlichkeiten, „die mein bisheriges künstlerisches Wirken in Bayreuth maßgeblich mitgetragen haben“. Gemeint waren der gefeuerte Tenor Lance Ryan sowie Katharinas Halbschwester Eva Wagner-Pasquier, die 2015 aus der Festivalleitung ausscheiden musste.
Hermanis verzichtet auf Bayreuth - aber nicht auf Lohengrin
„Lohengrin“ wird nun also ohne Hermanis stattfinden. Allerdings nur in Bayreuth. Das Münchner Residenztheater kündigt für Mai 2017 ein neues Stück in der Regie des Letten an, Titel: „Insgeheim Lohengrin“. Ein Zirkel von Opernfans trifft sich regelmäßig in einer konspirativen Wohnung, um dem Schwanenritter-Drama zu lauschen. Heimlich, weil die Hingabe an das romantische Pathos heute als verdächtig gilt.