Architektur in Potsdam: Mimen, Maler, Manuskripte
Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten verfügt jetzt mitten in Potsdam über ein beeindruckendes Wissenschafts- und Restaurierungszentrum.
Wer das alte Potsdamer Hans Otto Theater in der Zimmerstraße gleich hinterm Luisenplatz noch erlebt hat, jenes jahrzehntelang bespielte Provisorium, das die Baupolizei 1991 dicht gemacht hat, traut seinen Augen kaum: Da strahlt sie wieder in alter Pracht, die zweistöckige Fassade, in hellem Beige gestrichen. In der Mitte ragt das kleine Türmchen auf, an der Loggia überm Eingang ist der alte Schriftzug zu lesen, und hinter der Schwingtür ist die Kassenhalle zu bestaunen, mit der originalen, liebevoll aufgearbeiteten Ausstattung von 1949.
Dahinter allerdings gibt es keinen Zuschauerraum mehr und auch keine Bühne. Beide wurden abgetragen, ebenso wie die weiteren Anbauten, die nach und nach auf dem Gelände entstanden waren. Auf einer Fläche von 10 000 Quadratmetern steht jetzt die Gebäude-Familie des Wissenschafts- und Restaurierungszentrums (WRZ) der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.
Für 31 Millionen Euro hat das Berliner Architekturbüro Staab der Stiftung einen langgehegten Traum erfüllt: nämlich einen zentralen Ort zu schaffen, der sowohl die zuvor über diverse Standorte verstreuten Werkstätten zur Aufarbeitung historischer Artefakte bündelt, als auch Platz bietet für die 64 000 Bände umfassende Bibliothek sowie die Archive mit 500 laufenden Metern Akten.
Der Bau blieb im Kosten- und Zeitrahmen
Ein Zentrum der kurzen Wege, an dem sich die Fachleute der verschiedensten Gebiete von der Textilrestaurierung bis zur Fotosammlung leicht treffen und schnell absprechen können. All das konnte – der Berliner hört es und staunt – sowohl im vorgegebenen Kosten- wie Zeitrahmen realisiert werden, dank einer reibungslosen Zusammenarbeit mit der stiftungseigenen Architektur-Abteilung.
Weil das Vorderhaus des ehemaligen Hans Otto Theaters unter Denkmalschutz steht, wurde es sensibel ins Konzept der Neubauten integriert. Von der Zimmerstraße aus sieht man die fünf dahinter liegenden, neuen Gebäude kaum, von der parallel verlaufenden „Allee nach Sanssouci“ sogar noch weniger. Das ist so gewollt, denn die Zweckbauten des WRZ sollen sich so bescheiden wie möglich in das Gesamtensemble der Potsdamer Parklandschaft einfügen.
Eine Streuobstwiese ist geplant
Darum hat das Architekturbüro Staab für die Wände den typischen hellen Backstein gewählt, wie man ihn überall in Brandenburg antrifft. Darum sind die Satteldächer anthrazitfarben gedeckt. Zudem wurden die Baukörper in der Höhe so gestaffelt, erklärt Ayhan Ayrilmaz, der Abteilungsleiter Architektur der Schlösserstiftung, dass sie sich im Bereich der „Stadtkante“ an der Höhe der Altbauten aus dem 19. Jahrhundert orientieren und Richtung Schloss Sanssouci dann immer niedriger werden.
In naher Zukunft soll eine Streuobstwiese den Übergang zur Parklandschaft signalisieren. Bei der Wahl der Bepflanzung handelt es sich um eine Anspielung auf die Vergangenheit: Früchte wurden auf dem Gelände nämlich schon zu Zeiten Friedrichs des Großen kultiviert, exotische, gezogen in speziellen Gewächshäusern. Deren große Fensterflächen waren natürlich nach Süden ausgerichtet, während sich die Restaurationswerkstätten jetzt in die entgegengesetzte Himmelsrichtung öffnen – weil aus Norden eben das bessere Arbeitslicht einfällt.
Ein fein gesponnenes Netz von optischen Verweisen und gedanklichen Beziehungen liegt also über dem Ensemble. Für Restauratoren und Archivare, die ja von Berufs wegen unablässig in Kommunikation mit der Vergangenheit stehen, ein passendes Ambiente. Ebenso dezent, aber einleuchtend fügt sich da die Kunst am Bau ein: In den minimalistisch streng gehaltenen Fluren- und Treppenhäusern finden sich immer wieder kleine bunte Flächen, die aussehen, als hätte man hinter der heutigen Wandfarbe originale Bemalungen aus früheren Jahrhunderten freigelegt. Selbstverständlich hat der Künstler Roland Fuhrmann hier ausschließlich Motive verwandt, deren Originale sich in den Schlössern der Stiftung finden.
Selbst große Gemälde passen problemlos durch die Türen
Die Räumlichkeiten der Restauratoren beeindrucken schon durch ihre pure Größe: Selbst die größten Ölschinken können problemlos durch die hohen Türen transportiert werden, im Atelier für Stoffe und Wandbespannungen gibt es extra eine Empore, vor der auch Prunksaal-Gardinen nach der Aufarbeitung vollständig herabgelassen werden können, um den idealen Faltenwurf zu prüfen.
Ein Großteil der Arbeit, die jetzt auf dem ehemaligen Theatergelände geleistet wird, findet natürlich hinter den Kulissen statt. Einige Bereiche aber sind auch öffentlich zugänglich: zum einen die Bibliothek der Stiftung, die Neugierigen offensteht, und zum anderen die „Theaterklause“, ein ganz schlicht in der Ästhetik der Architekten eingerichtetes Lokal, das den Mitarbeitern des WRZ als Kantine dient, aber auch hungrige Gäste willkommen heißt. Wenn bei schönem Wetter an der Zimmerstraße Tische und Stühle aufs Trottoir gestellt werden, könnte der Besucher glatt der Illusion verfallen, dass jeden Moment eine aufgekratzte Schauspielertruppe aus dem Hintergrund auftauchen könnte, die eine gelungene Probe nun mit ein paar Feierabendbieren feiern will.
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