Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten: „Sanssouci soll für alle erschwinglich sein“
Kürzere Öffnungszeiten, Investitionen, Audioguides und das Verschwinden der Filzpantoffeln – ein Gespräch mit Hartmut Dorgerloh, dem Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.
Herr Dorgerloh, ab dem kommenden Jahr werden Sie Ihre Schlösser früher zumachen. Sanssouci schließt dann im Winter um 16.30 Uhr statt um 17 Uhr, das Marmorpalais, Schloss Oranienburg und Rheinsberg bereits um 16 Uhr.
Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir unsere Öffnungszeiten anpassen. Wir machen das in regelmäßigen Abständen, und zwar in Abhängigkeit sowohl von Baumaßnahmen wie auch von Marktentwicklungen, der öffentlichen Verkehrsanbindung und vom Besucherverhalten überhaupt. Sollte sich herausstellen, dass wir 2018 ganz viele Gäste abweisen müssen, die unbedingt spät am Nachmittag in die Häuser wollen, dann öffnen wir sie auch wieder länger. Aber wir arbeiten nun einmal mit Steuergeld, und das soll so effizient wie möglich eingesetzt werden.
Die Verkürzung der Öffnungszeiten ist der zweite Einschnitt beim Service in kurzer Zeit. Im vergangenen Jahr erst hat die Stiftung den Normannischen Turm auf dem Ruinenberg geschlossen, ebenso das Casino in Glienicke, das Belvedere auf dem Klausberg, den Damenflügel in Sanssouci, die Pesne-Galerie des Neuen Palais’ sowie das Dampfmaschinenhaus. Zunächst für eine Saison, hieß es. Keiner der Orte aber hat bisher wieder reguläre Öffnungszeiten.
Wir wollen gerade die kleinen Häuser nicht vergessen, denn sie sind nicht nur Staffage, sondern Teil der Kulturlandschaft. Dieser Wunsch muss sich jedoch mit den wirtschaftlichen Realitäten decken. All die genannten Orte hatten einfach zu wenige Besucher. Das Casino ist für Sonderveranstaltungen geöffnet, beim Dampfmaschinenhaus haben wir gute Erfahrungen mit Aktionstagen gemacht, an denen viel los ist. Auch für den Normannischen Turm finden Sie Sonderöffnungszeiten auf unserer Website.
Ja, er ist bis Jahresende an genau zwei Tagen zugänglich, für jeweils vier Stunden!
Die Logistik der Öffnungszeiten ist ein wirklich komplexes, von vielen Faktoren abhängiges Gebilde. Zudem haben wir unterschiedlichste Publikumsgruppen mit jeweils eigenen Interessen. In Charlottenburg sind 80 Prozent unserer Gäste Erstbesucher, davon kommen 60 Prozent aus dem Ausland. Die sehen sich nicht unbedingt auch noch die KPM-Sammlung im Belvedere des Charlottenburger Schlossgartens an, weil es sie zur nächsten Top-Sehenswürdigkeit in der Hauptstadt weiterzieht. Dennoch ist die KPM-Sammlung auf – für das regionale Publikum.
Nicht nur die Öffnungszeiten ändern sich, auch das Personal muss künftig schon 30 Minuten nach der Schließung Feierabend machen und hat nicht mehr, wie bisher üblich, eine Stunde Zeit dafür.
Die Zeiten nach der Schließung bleiben gleich, aber natürlich verändern sich die Arbeitszeiten. Übrigens ist das Aufsichtspersonal nicht bei einer Fremdfirma beschäftigt, sondern in unserer Tochtergesellschaft „Fridericus“, weil wir wollen, dass sich die direkten Ansprechpartner fürs Publikum – und das ist das Aufsichts- und Servicepersonal – mit der Stiftung identifizieren.
Gerade haben Sie ein Wissenschafts- und Restaurierungszentrum eröffnet, am Potsdamer Hauptbahnhof entsteht ein 5100 Quadratmeter großes Zentraldepot. Für Investitionen scheint Geld da zu sein, fürs Personal dagegen nicht.
Es gibt für Investitionen immer leichter Geld als für den Betrieb. Denn bei den Investitionen muss ich nur einmal bezahlen und nicht dauerhaft. Wenn zudem die Löhne steigen, was völlig berechtigt ist, kann ich mit meinem Personaletat weniger Mitarbeiter bezahlen. Und weil es natürlich auch einen „Wettbewerb“ innerhalb der Stiftung gibt, heißt das für uns: Wo die meisten Kunden sind, dahin fließen auch die meisten Mittel. Rein finanziell betrachtet haben wir jede Menge Standorte, die man unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten längst hätte schließen müssen. Das ist aber nicht unser Auftrag.
Und die Investitionen sprudeln weiter. Gerade haben Sie 155 Millionen Euro im Rahmen eines vom Bund sowie den Ländern Berlin und Brandenburg ausgestatteten Sonderprogramms verbauen können, für die Fortsetzung bis 2030 hat der Bund 200 Millionen Euro angeboten, wenn die beiden Länder in gleicher Höhe mitziehen. Werden sie das tun?
Brandenburg hat beschlossen, seinen Beitrag von 133 Millionen Euro zu leisten und auch Berlin wird seinen Anteil beisteuern. Wir gehen davon aus, dass der Vertrag noch vor der Bundestagswahl unterschrieben wird. Wir bekommen die Mittel übrigens nicht pauschal, sondern für konkrete Maßnahmen, die wir genau mit den Geldgebern ausgehandelt haben. Damit wäre dann endlich der Investitionsstau aufgelöst, der hier nach der Wende vorgefunden wurde.
Wie wäre es mit einer Quersubventionierung der kleinen Häuser durch die touristischen Hotspots? Sie setzen in Sanssouci den Eintritt um einen Euro rauf und können von den Mehreinnahmen Glienicke, Charlottenhof und Co. länger öffnen?
Ich finde, wir haben das Preisniveau in Sanssouci ausgereizt, auch im internationalen Vergleich. Außerdem haben wir als Stiftung eine soziale Verpflichtung: Jeder, der sich das Schloss ansehen möchte, soll sich das auch leisten können. Die günstigste Möglichkeit, unsere Schätze kennenzulernen, ist übrigens die Aktion „König und Königin für ein Jahr“: 365 Tage Eintritt in alle Objekte für 60 Euro – noch günstiger geht es wirklich nicht.
In immer mehr Schlössern werden Audioguides angeboten. Verschwinden die Schlossführungen, die von echten Menschen geleitet werden, bald ganz?
Für die Schlösser, die so groß sind und so viele Besucher haben, dass man alleine durch die Räume geht, bieten wir vorrangig Audioguides an. Auch, weil sie von der Mehrheit des Publikums bevorzugt werden. Außerdem eröffnen Audioguides die Möglichkeit, nicht nur mehrere Sprachen anzubieten, sondern auch auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Zielgruppen einzugehen. Im Schloss Cecilienhof etwa interessieren sich Japaner für andere Aspekte der Geschichte der Potsdamer Konferenz von 1945 als beispielsweise polnische Gäste. In den kleineren Häusern wird es auch weiterhin individuelle Führungen geben. Das ist ein Luxus, keine Frage, aber einer, den wir uns leisten wollen. Finanziell sind beide Varianten kostenintensiv, denn in den großen Häusern mit individuellen Rundgängen muss ja wiederum genug Aufsichtspersonal zur Verfügung stehen. Nicht alle Besucher mögen sich übrigens gleich viel Zeit nehmen, manchen reicht auch eine Viertelstunde für Sanssouci.
Das habe ich schon am eigenen Leib erlebt. Während ich gerne noch manches Detail näher angeschaut hätte, wurde ich vom Strom der nachdrängenden Touristen mitgezogen. Weil der Läufer, auf dem man sich bewegen darf, so schmal ist, dass man nicht ausweichen kann.
Sanssouci stellt in der Tat eine Herausforderung für den visitor flow dar. Das ist eigentlich kein Schloss, sondern ein Sommerhaus für einen Single mit zwölf Zimmern. Im Neuen Palais müssen Sie zwar auch auf dem Teppich bleiben, aber die Bewegungsspielräume sind dort viel größer. Doch in Sanssouci ist die Variante mit festen Laufwegen alternativlos, weil die Böden in der Vergangenheit durch das Rutschen in Filzpantoffeln zu sehr gelitten haben. Aber wenn ich Friedrich den Großen treffe, werde ich ihm nahelegen, das nächste Mal größer zu bauen, barrierefrei und mit genügen Platz für einen ordentlichen Museumsshop!