Umstrittenes Projekt: Mauer-Kunstaktion "Dau" findet prominente Befürworter
"Dieses Projekt wollen wir sehen": Lars Eidinger, Iris Berben, Veronica Ferres, Sönke Wortmann und viele weitere unterstützen "Dau" mit einem offenen Brief.
Das umstrittene Berliner Kunstprojekt „DAU Freiheit“ erhält prominente Unterstützung. In einem offenen Brief sprachen sich unter anderem die Schauspieler Lars Eidinger, Iris Berben, Veronica Ferres, Tom Schilling und Joachim Król für die Pläne aus. Auch die Film- und Theaterregisseure Sönke Wortmann und Leander Haußmann, Susanne Kennedy und Ersan Mondtag, die Choreografin Sasha Waltz, der Künstler Tino Sehgal und aus Hamburg der Thalia-Intendant Joachim Lux sowie Christoph Lieben-Seutter, Generalintendant der Elbphilharmonie, gehören zu den Unterzeichnern, ebenso die Modemacher Guido Maria Kretschmer und Michael Michalsky.
„Dieses Projekt DAU, das alle, die sich näher damit beschäftigt haben, neugierig und aufgeregt macht, wollen wir sehen und zwar in Berlin“, heißt es in der Erklärung. „Dieses Experiment mit einer unwahrscheinlichen, nie dagewesenen Veranstaltungsform in Berlin, organisiert und akribisch vorbereitet von den erfahrensten Spezialisten, mit denen die Stadt bei anderen Großveranstaltungen bisher gute Erfahrungen gemacht hat, abzublasen, wäre eine paranoide Kleinmütigkeit, die nicht zu Berlin passt...“
Die Mauer sei in diesem Kunstprojekt ein Symbol, keine platte Nachstellung. „Es geht um ästhetische Ausdrucksformen für die Durchdringung und Verarbeitung der individuellen und gesellschaftlichen Erfahrung des Totalitarismus, der keineswegs Vergangenheit ist, sondern eine reale gegenwärtige Gefahr, die vielleicht in jedem Einzelnen lauert.“ Unterschrieben haben neben bereits bekannten Unterstützern wie Tom Tykwer und Medienboard-Chefin Kirsten Niehuus auch Thomas Krüger, Chef der Bundeszentrale für politische Bildung, und Andreas Görgen, Leiter der Kulturabteilung im Auswärtigen Amt.
Bei dem Projekt des russischen Filmemachers Ilya Khrzhanovsky soll vom 12. Oktober an vier Wochen lang ein Gebäudekomplex rund um das Kronprinzenpalais am Berliner Boulevard Unter den Linden mit einer Betonmauer abgeriegelt werden. Besucher können „Visa“ kaufen, um hinter der Mauer eine andere, fiktive Welt zu erleben, wie die Veranstalter ankündigten.
Auch Michael Naumann spricht sich für „Dau“ aus. Der Rektor der Barenboim-Said-Akademie, die im ursprünglich geplanten Areal innerhalb der Mauer gelegen hätte, schreibt in einem Statement: "Die Stadt Berlin hatte sich vor zwei Jahrzehnten entschlossen, alle wesentlichen Reste ihrer Teilungsgeschichte abzureißen. Die Mauer verschwand zu Hunderttausenden Stücken als Souvenir in aller Welt." Das ästhetisch anspruchsvolle Projekt erinnere "an die Realität einer geschlossenen Gesellschaft. Es transzendiert dabei die partikularen Erfahrungen der West- und Ost-Berliner, „indem es auf die universellen Gefahren geistiger, religiöser und politischer Beschränktheit verweist – aber auch auf die Möglichkeiten, staatliche Grenzen zu überwinden."
Unter anderem sollen ab 12. Oktober bis zum symbolischen Abriss der Mauer-Replik am 9. November die 13 "Dau"-Filme präsentiert werden, die auf einem eigens errichteten Filmset in der Ukraine über zweieinhalb Jahre entstanden sind und die Zeit von 1938 bis 1968 in der Sowjetunion wieder aufleben lassen. Veranstalter der Großinstallation samt Mauer in Berlin sind die Berliner Festspiele. Das Kunstprojekt wird sehr kontrovers diskutiert, Festspiele-Intendant Thomas Oberender verteidigt das immersive Projekt. In der "FAZ" sprach der Regisseur am Freitag von einer "Hetzkampagne" der hauptstädtischen Presse. dpa/Tsp