Nils Mönkemeyer im Pierre Boulez Saal: Märchenhaft
Bratschist Nils Mönkemeyer und Mezzosopranistin Bernarda Fink begeistern im Pierre Boulez Saal mit romantischen Liedern.
Sie wurde in Argentinien geboren und hat slowenische Eltern: Es ist eine ganz besondere Ost-West-Melange, die das Leben von Mezzosopranistin Bernarda Fink prägt. Auf ihre Wurzeln hat sie sich jetzt im Pierre Boulez Saal besonnen, mit Liedern slowenischer Komponisten wie Anton Lajovic, der in „Der Mond in der Hütte“ das hohe Klavierregister weidlich ausnutzt und ein fast impressionistisches Klangbild schafft.
Voller melancholischer Molltrübungen das „Erinnerungsbuch“ von Benjamin Ipavec, der freilich mit „Marienkäfer“ auch deftige rustikal- volkstümliche Musik schreiben konnte. Bernada Fink balanciert Voranstürmen und Innehalten klug aus, schmiegt sich dem Charakter des jeweiligen Liedes mit sicherem Gespür an, diskret und doch suggestiv begleitet von Anthony Spiri.
Lieder aus dem kleinen Land zwischen Karawanken und Adria, wann bekommt man das in Berlin schon mal zu hören? Doch der Abend bietet noch mehr, mit der Bratsche von Nils Mönkemeyer nämlich eine dritte Stimme, die die Klangfarben im tiefen Register erweitert.
Und Mönkemeyer zeigt, ganz entspannt und charmant, was er kann – gleich zu Beginn in Schumanns „Märchenbildern“ für Viola und Bratsche, die er in der vierten und letzten Nummer langsam verdämmern lässt.
Dramaturgisch griffig durchwoben sind diese Stücke mit Gesang: mit Auszügen aus Schumanns elf Jahre früher entstandenem „Liederkreis“ nach Gedichten von Joseph von Eichendorff. Im Walde, in der Fremde, in der Mondnacht – blühende Romantik, mit und ohne Worte.
Transposition ins Dämonische
Nur einmal erklingen alle drei Stimmen, Klavier, Viola und Mezzo, zusammen, und da findet der Abend auch seinen Höhepunkt: In den beiden Gesängen op. 91 von Brahms, der mit dem „Geistlichen Wiegenlied“ auf die uralte Melodie von „Joseph, lieber Joseph mein“ einen nicht unwitzigen Versuch der Versöhnung mit Geiger Joseph Joachim unternahm (der auch Bratsche spielte).
Wie blitzschnell Mönkemeyer seinen Ausdruck ändern kann, demonstriert er im rustikal gerockten „Romantischen Stück für Violine und Klavier“ von Dvorák, das durch die Transposition für Bratsche ins Dämonische driftet – und im Kontrast dazu im kantablen 2. Satz aus Brahms f-Moll-Sonate op. 120, die wegen eines verletzten Fingers den fetzigen ersten Ungarischen Tanz ersetzt.
Magyarisch lodernd auch das Finale, mit Brahms’ „Zigeunerliedern“, in denen der „braune Bursche“ sein „blauäugig schönes Kind“ zum Tanz führt. Blauäugig kann man solche Textstellen heute nicht mehr hören. Und das ist auch gut so.