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Die kulturelle Ausnahme bleibt: Enmmanuel Macron im Wahlkampf.
© IMAGO/PanoramiC

Nach dem Wahlsieg: Macrons Projekte für die französische Kultur

Im Wahlkampf hatten sich Frankreichs Kulturschaffende für die Wiederwahl des Präsidenten ausgesprochen. Nun steht er mit seiner Kulturpolitik in der Pflicht.

Gern machte Emmanuel Macron bei seinem Präsidentschaftswahlkampf 2017 Werbung mit seinen Kontakten in die Geisteswissenschaften. Ein Präsident, der sich explizit für Kultur einsetzt, das war ein seltenes Versprechen in der fünften Republik. Seine Wissensoffensive vor allem für die nachwachsenden Generationen hatte drei Säulen, und vieles von dem, was er sich vor fünf Jahren vorgenommen hatte, bleibt auch 2022 auf der Agenda.

Das Projekt der Verlängerung von Öffnungszeiten öffentlicher Bibliotheken – in Frankreichs Gemeinden notorisch katastrophal – versandete in nationalen Studien und vereinzelten Pilotprojekten. Hier sind die Kommunen zuständig, und deren Mittelausstattung bleibt heikel. Das zweite Projekt, der „Passe Culture“, legte einen kuriosen Fehlstart hin. Mit jährlichen dreihundert Euro staatlichen Fördermitteln sollte der Zugang der Jugend zu Kultur gefördert werden. Also für Ausstellungsbesuche, Konzert- und Theaterkarten und vieles andere.

Jede und jeder sollte frei entscheiden, und das taten sie denn auch. 84 Prozent gaben die 18-Jährigen für Druckwerke aus, davon entfielen 71 Prozent auf Mangas; die Regale mit den japanischen Comics waren schnell lehrgefegt. Jetzt will Macron nachbessern. Mit der Einbeziehung der Lehrer soll die Maßnahme, die derzeit für junge Menschen ab 15 Jahren gilt, Zugang zu einem etwas erweiterten Kulturangebot schaffen. 1,6 Millionen nutzen es nach Angaben des Kulturministeriums derzeit. Macron will den „Passe Culture“ nun auch auf Schülerinnen und Schüler des Collège ausweiten. Mit den Altersgruppen ab elf Jahren könnten so insgesamt vier Millionen Jugendliche in den Genuss der Subvention ihres Kulturkonsums kommen.

Herausforderung der vier Internetriesen

Das größte der von Macron schon 2017 formulierten Projekte ist die Besteuerung der vier Internetriesen wie Google, Amazon, Facebook (heute Meta) und Apple, die „GAFA“. Mit dem ehemaligen amerikanischen Präsidenten Trump hatte Macron die offene Konfrontation nicht gescheut, als er einen französischen Alleingang bei der Besteuerung der Internetgiganten beschloss. Seit dem März 2019 werden deren französische Umsätze mit 3 Prozent belegt. Im vergangenen Jahr wurde eine Einigung auf der Ebene der G7-Staaten möglich: Ziel ist eine Mindeststeuer von 15 Prozent. Jetzt will Macron zusätzlich Gelder freimachen für die Schaffung eines europäischen Metaversums.

Anders als seine Konkurrentin Marine le Pen, die im Falle ihres Wahlsieges das Kulturministerium in ein „Ministerium für Kultur und Tourismus“ ungewandelt hätte, versucht Macron weiterhin die Balance zwischen dem Erhalt des kulturellen Erbes und Neuinvestitionen in die aktuelle künstlerische und mediale Produktion. Die Fernsehgebühren sollen entfallen und abgelöst werden durch eine Förderung nach dem Vorbild staatlicher Forschungsprogramme. Das wird eine sehr große Baustelle in Macrons zweiter Amtszeit; Pläne zur Umstrukturierung des öffentlichen Mediangebots sind schon seit vielen Jahren ein Dauerthema.

An der „Exception Culturelle Française“ hält der liberale Europa-Befürworter ausdrücklich fest. Seit 1993 erlaubt es Frankreich innerhalb der europäischen Gesetzgebung weitreichende Spielräume für die staatliche Förderung seiner Kultur. Mit 200 Millionen Euro zusätzlich will der wiedergewählte Präsident für die internationale Strahlkraft von Frankreichs Filmproduktion, seines Konzert- und Bühnengeschehens sorgen. Für Macron hatten sich vor der Stichwahl zahlreiche Kulturschaffende eingesetzt.

Eberhard Spreng

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