Verleihung des Deutschen Buchpreises 2014: Lutz Seiler wird für Aussteigerroman "Kruso" geehrt
Im Osten viel Gutes: Für seinen poetischen und sinnlichen Hiddensee-Aussteiger- und Männerfreundschaftsroman "Kruso" hat Lutz Seiler den Deutschen Buchpreis 2014 erhalten.
Am Ende ist doch alles richtig und gut und schön geworden. Nicht nur für Lutz Seiler Lutz Seiler, der für seinen Roman „Kruso" am Montagabend im Frankfurter Römer den zum 10. Mal ausgelobten Deutschen Buchpreis verliehen bekommen hat, völlig zurecht und alles andere als überraschend. „Kruso“ ist einer der Romane des Jahres; dieser Roman überzeugt tatsächlich „durch seine vollkommen eigenständige poetische Sprache, seine sinnliche Intensität und Welthaltigkeit“, wie es in der Begründung heißt (höchstens bei der „Welthaltigkeit“ könnte man Abstriche machen). Seiler hatte allerdings im Vorfeld nicht den Eindruck gemacht, als würde er auf diesen Preis mit aller Macht lauern. Dafür war sein Hiddensee-Aussteiger-Wende-und Männerfreundschaftsroman allseits schon viel zu gut aufgenommen worden, was sich selbst in den Verkaufszahlen und auf den Bestsellerlisten niederschlagen hat.
Nein, auch für die Jury dürfte sich im Nachhinein alles wieder entspannen darstellen, nachdem sie für ihre seltsame, fragwürdige Longlist und auch für die Shortlist heftigst kritisiert worden war. Viele Möglichkeiten hatte sie sich durch ihre Auswahl auch nicht gelassen, mit den okayen, aber keinesfalls überragenden Frühjahrsromanen von Gertrud Leutenegger, Angelika Klüssendorf und Heinrich Steinfest standen allein auf der Shortlist drei sichere Streichkandidaten.
Der Buchpreis an Seiler ist auch ein Triumph für den Suhrkamp Verlag
Im Grunde hätte Lutz Seiler nur Thomas Hettche mit „Pfaueninsel“ den Buchpreis wegschnappen können; mit einem Roman, der nicht nur ein historischer, das frühe 19. Jahrhundert betrachtender ist, sondern auch sein eigentliches Thema, das Vergehen der Zeit, überhaupt die Zeit und ihr Wesen erzählerisch klug und schön aufzäumt. Unglücklich für Hettche, dass er nach 2006, als er mit „Wo wir einst gingen“ einer der Buchpreis-Favoriten war, erneut leer ausgegangen ist. Der dritte im Bunde, Thomas Melle mit „3000 Euro“ hatte allenfalls Außenseiterchancen. Melle kam mit seinem unsere Gesellschaft einmal von unten ins Visier nehmenden Gegenwartsfuror gegen die bewusst ausgestellte Literarizität von Seiler und Hettche einfach nicht an.
Lutz Seiler ist nun nach Uwe Tellkamp und Eugen Ruge der dritte aus der DDR stammende Schriftsteller, der mit einem speziellen DDR–und (Prä)-Wenderoman den Buchpreis gewinnt. Die Bundesrepublik scheint da kein ganz so interessanter literarischer Ort zu sein (auch Vorjahressiegerin Terézia Mora hatte ja mit einer Art Osteuropa-Roadmovie gewonnen). Und trotz seines Nicht-Lauerns, seiner Zurückhaltung muss Seiler die Favoritenstellung sehr bewusst gewesen sein. Jedenfalls verliest er am Montag eine wohlformulierte, lyrisch anmmutende Danksagung vor allem an die „128 Heizer“ des Suhrkamp Verlages und dessen Leiterin Ulla Unseld-Berkéwicz – nicht zuletzt ist dieser Buchpreisgewinn auch ein Triumph für den krisengeschüttelten Traditionsverlag.