Young Euro Classic: Liebesgrüße aus Bukarest
Ein Solist wie ein Bär, die Damen in traditionelle Blusen - und auf den Gesichtern der jungen Musiker strahlt das Glück: Das Romanian Sinfonietta Orchestra bei Young Euro Classic.
Zu den sympathischen Vorzügen eines Festivals wie Young Euro Classic gehört: Es zwingt einen immer wieder sanft dazu, die eigenen Vorurteile kritisch zu reflektieren. Als Hort guter Nachrichten ist Rumänien nicht gerade bekannt, eher als Armenhaus. Und jetzt sitzen da rund 30 blutjunge Musiker vom Romanian Sinfonietta Orchestra auf dem Podium im Konzerthaus, alle zwischen 16 und 20 Jahre alt, und spielen, als hätten sie ihr ganzes kurzes Leben lang nichts anderes getan. Betörend satt und sinnlich der Strich, durchschlagend die Leistung einzelner Solisten wie der Paukistin, die – wie alle Musikerinnen – in traditionell geschnittener Bluse auftritt. Originell schon die Idee, die Festivalhymne als erweitertes Streichquartett mit Kontrabass zu spielen.
Dirigent Horia Andreescu holt – ausgestattet mit Künstlermähne Liszt’schen Formats – viel Gutes aus seinen Schützlingen heraus. Die wiederum bestreiten gerade ihr erstes Konzert außerhalb Rumäniens. Dass der Abend mit einem Stück von George Enescu öffnet, dem bedeutendsten Komponisten des Landes (und Lehrer von Yehudi Menuhin), versteht sich von selbst – zumal Enescu an diesem Abend vor 134 Jahren geboren wurde. In der 2. Rumänischen Rhapsodie beschwört er die Weite seiner Heimat, majestätisch und melancholisch zugleich.
Nicht jeder, der sich seinen Weg durchs Orchester zum Klavier so bärenhaft bahnt wie Solist Daniel Goiti, klingt dann auch so. Goiti schon. Sein Zugang zum unendlich populären 1. Klavierkonzert von Tschaikowsky ist robust, rustikal, er packt mit beiden, fast möchte man sagen: Pranken zu, unternimmt nur gelegentliche Ausflüge ins Tranzendentale. Da lässt einer keine Elfen tanzen, sondern Holzfäller frühstücken. Gewöhnlich oder genial? Auf jeden Fall völlig anders als das geschmeidigere Klangideal des Orchesters. Da kommen zwei nicht zusammen, wollen es wohl auch nicht. Tschaikowsky selbst spricht ja vom „Kampf ebenbürtiger Kräfte“ in seinem Werk.
Trotzdem mangelt es auch dem Orchester nicht an Draufgängertum. Dvoráks 8. Symphonie, die alles „Böhmische“ von der Oberfläche zurücknimmt und quasi verinnerlicht, könnte durchaus impressionistischer klingen. Aber man spürt riesiges Potenzial. Der Saal brodelt, auch in den beiden Polka-Zugaben von Josef Strauss. Und das Glück, das am Ende auf den Gesichtern dieser Musiker flackert, ist sowieso unbezahlbar.