Fantasy Filmfest Berlin: Letzter Zug ins Jenseits
Von A wie Apokalypse bis Z wie Zombie: Das Berliner Fantasy Filmfest geht in die 30. Runde.
Fantasy Filmfest, das heißt: zwölf Tage vollgestopft mit Horror und Science-Fiction. Und ein bisschen Arthaus ist auch dabei. Denn zwar fließt währenddessen mehr Blut als in der ARD im ganzen Jahr, aber eben nicht immer. Zum Beispiel im Eröffnungsfilm „Swiss Army Man“, der Geschichte von Hank (Paul Dano), der verzweifelt auf einer einsamen Insel lebt. Gerade will er mit dem Leben abschließen, da sieht er eine Leiche ans Ufer schwappen: Nur ist Manny (Daniel Radcliffe) gar nicht so tot, wie Hank es eben noch sein wollte. Zwar furzt er verwesungsbedingt reichlich, als Freund passt er Hank trotzdem prächtig.
Zusammen entdecken die beiden die Insel, spielen, entdecken und bauen. Sogar Tanzen ist drin – auch wenn dem wenig beweglichen Hank dabei mit Seilen geholfen werden muss.
Das Konzept klingt albern, doch die Regisseure Dan Kwan und Daniel Scheinert feiern Flatulenz und Freundschaft auf niemals kindische Weise. Hinzu kommen eine clevere, teils angenehm verwirrende Montage, ein mitreißender Soundtrack und eine faszinierende Bildgewalt. Kurzum: „Swiss Army Man“ ist witzig, originell, schlau und entsprechend kurzweilig. Die Filme des Festivals laufen in englischer Sprache oder englisch untertitelt. Die meisten sind jedoch auch bei schmalen Sprachkenntnissen spannend und nachvollziehbar.
Zehn von ihnen gehen ins Rennen um den „Fresh Blood Award“. Sie stammen von Regie-Anfängern und Genre-Neulingen. Gewählt wird durch die Zuschauer. Ihnen steht die volle Themen-Palette zu Auswahl: unter anderem Dämonen („Under the Shadow“), Zombie-Apokalypse („Here alone“), Mutationen („The Similars“), Exorzismus („The Priests“), Folter („The Lesson“) und Splatter („Scare Campaign“). Hinzu kommt erstmals ein Kurzfilmwettbewerb. Plus das offizielle Programm. Plus Specials. Da ist anhaltender Durchblick gefragt.
Immerhin räumt der Zombiefilm „Train to Busan“ von Yeon Sang-ho ordentlich auf. Im Mai wurde das Werk des Südkoreaners auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt, beim Fantasyfilmfest ist er der Abschlussfilm. Dessen Held ist ein alleinerziehender Vater (Yoo Gong), der als Manager, nicht eben verblüffend, mit seiner Work-Life-Balance im Clinch liegt und seine Tochter (Kim Su-an) vernachlässigt. Zwecks Mini-Wiedergutmachung fährt er sein Kind per Bahn zur Mutter nach Busan.
Blöd nur, dass unterwegs eine Zombie-Epidemie ausbricht und einer der Untoten in den Zug springt. Nicht lange, da peinigen sich die Passagiere, unter anderem mit der Frage „Helfe ich jetzt eher mir oder anderen?“. Die Stop-and-goReise von Vater und Tochter ist manchmal rührend, manchmal witzig, manchmal absurd, selten jedoch überraschend.
So bleibt sie bei dem abgenudelten Konzept: Zombie-Virus bricht aus, Millionen Menschen infizieren sich (wobei reichlich spastische Energie freigesetzt wird) und die letzten Überlebenden rennen actionreich davor weg. Da gibt es vielversprechender klingende Filme im Oeuvre des Fantasy Filmfests, das nach Berlin in sechs weiteren Städten zu Gast sein wird (Endstation: Hamburg). Die Trash-Premiere von „Don’t Kill It“ ist so ein vielversprechender Film – Jebediah Woodley lässt darin als Dämonen-Jäger Blut und Körperteile regnen. Schließlich muss er einen Gegner ausschalten, der von einem Körper in den nächsten huschen kann.
Ebenso aufregend: „The Ones Below“, ein Psychothriller über ein besitzergreifendes Paar, das seine Nachbarn immer heftiger terrorisiert. Oder: „Seoul Station“. Wieder eine Zombie-Apokalypse, wieder aus Südkorea, wieder in Bahnhofsnähe. Aber dieses Mal in Form eines aufwendig gezeichneten Animes, erzählt anhand lauter Personen am Rnade der Gesellschaft. Letzter Tipp: „Yoga Hosers“, in dem zwei Coleens, beste Freundinnen, mit Yoga gegen kniehohe Nazi-Bratwürste kämpfen. Freunde des Horrors kommen bei diesem Angebot auf ihre Kosten.
17. bis 28. August, Cinestar SonyCenter, Infos: fantasyfilmfest.com
Julius Heinrichs
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