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Ungebrochen faszinierend. Joseph Beuys (1921 – 1986).
© picture-alliance / obs / WDR

Todestag Joseph Beuys: Kunststunden für Kaninchen

Dreißig Jahre nach dem Tod von Joseph Beuys: Was bleibt vom Werk des wichtigsten deutschen Künstlers der Nachkriegszeit?

Dreißig Jahre liegt Joseph Beuys’ Tod an diesem Samstag zurück, eine kleine Ewigkeit, zumindest die Spanne einer Generation umfassend. Was bleibt von dem wichtigsten deutschen Künstler der Nachkriegszeit? Wie wirkt der große Schamane weiter, dessen Werk doch so unmittelbar mit seiner Person verbunden war und dessen charismatische Erscheinung selbst sein eigenes Schaffen zu Lebzeiten in den Schatten zu stellen schien?

Gewiss, die Figur Beuys verblasst, auch wenn Rita McBride, die heutige Direktorin der Düsseldorfer Akademie, davon überzeugt ist, dass der „Jupp“, wie sie ihn im Rheinland nannten, noch immer hinter jeder Ecke hervorlugt – und sei es in Gestalt ehemaliger Schüler, von denen einige nun ihrerseits an der Kunsthochschule lehren. Eine Herausforderung stellt Beuys immer noch dar. So versucht Regisseur Andres Veiel, mit seinem neuen Dokumentarfilm „dem großen Enigma der zeitgenössischen Kunst“ auf die Spur zu kommen, gegenwärtig laufen die Dreharbeiten von „Joseph Beuys – Die Revolution sind wir“. Beuys bietet nach wie vor Stoff, wurde er doch erst vor zwei Jahren in einer Biografie erneut als „ewiger Hitlerjunge“ diskutiert.

Die Legende wirkt also weiter. Aber was bleibt vom Werk? Die Erweiterung des Kunstbegriffs, das berühmte Diktum „Jeder Mensch ist ein Künstler“ stellt im Zeitalter der allumfassenden Artifizierung, wo jedes Selfie einen Akt kreativer Selbstverwirklichung ist, einen Allgemeinplatz dar. Der Performer Beuys aber fand vor anderthalb Jahrzehnten seine Wiederkehr in Gestalt junger Künstler: Jonathan Meese und John Bock hauchten der Aktionskunst neues Leben ein. Auch der berühmte tote Hase bekam erneut seinen Auftritt, in den Arbeiten von Christoph Schlingensief. Die Einladung ans New Yorker MoMA erfolgte prompt auch an Beuys’ Kinder im Geiste, nachdem der große Guru als erster deutscher Künstler der Nachkriegszeit im Guggenheim Museum eine Retrospektive erhalten hatte. Nicht zuletzt beruft sich auch der chinesische Konzeptkünstler Ai Weiwei auf Beuys, wenn er ebenso wenig zwischen Kunst, Politik und Leben trennt.

Millionencoup mit Konzertflügel

Als Bezugsgröße für heutige Künstler bleibt Beuys also virulent, selbst wenn sie die direkte Verbindung nicht unbedingt herstellen würden. Aber auch das greifbare Werk des Avantgardisten vom Niederrhein hat Bestand. Den besten Beweis tritt gerade das in Berlin geplante Museum der Moderne an, das sozusagen um eine Installation des Künstlers herumgebaut wird. Erich Marx, dessen Sammlung den Hamburger Bahnhof in Berlin zum Mekka für „Beuysianer“ macht, hat für den geplanten Neubau an der Potsdamer Straße unweit der Neuen Nationalgalerie vorab das raumgreifende Ensemble „Das Kapital“ erworben.

Ein Millionencoup, denn auch das Metropolitan Museum in New York und ein arabischer Staat hatten bereits Interesse bekundet, nachdem das 1980 für den deutschen Pavillon auf der Biennale Venedig geschaffene Environment wieder auf den Markt gekommen war. Der Vorbesitzer in der Schweiz musste sich aus finanziellen Gründen von dem Werk trennen. Es umfasst einen Konzertflügel, 50 Schiefertafeln mit Beschriftungen von Podiumsdiskussionen, einen Filmprojektor und Tonbandgeräte – eine Tour d’horizon durch die von Beuys in den Siebzigern verhandelten Themen wie Umwelt, Bildung, neue Unternehmensformen.

Nicht nur der Zeichner Beuys, dessen bezaubernde Blätter mit archaischen Figuren und rätselhaften Zeichen zweifellos zum Kanon der Zeichenkunst des 20. Jahrhunderts gehören, sondern auch der Bildhauer bleibt also gefragt. Das lässt sich auch direkt am Kunstmarkt studieren. Als der österreichische Galerist Thaddeus Ropac 2012 seine zweite Dependance in Paris eröffnete, präsentierte er an beiden Standorten eine Beuys-Doppelschau mit Werken, die man sonst eher im Museum vermutet: „Blitzschlag mit Lichtschein auf Hirsch“, Abgüsse von der „Straßenbahnhaltestelle“ und den „Palazzo Regale“.

Für Museen dürften Beuys Werke jedoch kaum noch erschwinglich sein. Für Zeichnungen werden bis zu 480 000 Euro, für seltene Multiples bis zu 400 000 Euro hingelegt, die Preise bei den Installationen liegen mittlerweile im mehrstelligen Millionenbereich. Es braucht das Glück wie in Berlin, einen Privatsammler an der Hand zu haben, der das Werk erwirbt und an die Öffentlichkeit weitergibt.

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