Zukunft der Filmförderung: Kulturstaatsministerin Grütters zum Streamingdienst-Streit
Die Filmförderung muss neu strukturiert werden, sagt Monika Grütters, und positioniert sich zur Frage, ob Netflix-Produktionen auf Filmfestivals laufen sollen.
An diesem Mittwoch veröffentlicht die deutsche Filmförderanstalt (FFA) die Kinozahlen vom Vorjahr, sie tut dies traditionell einen Tag vor Berlinale-Beginne. Einige Zahlen sind schon durchgesickert – weil Kulturstaatsministerin Monika Grütters sie bereits kommentiert hat. So sank die Zahl der Kinobesuche 2018 auf gut 100 Millionen Besucher, 20 Millionen weniger als in den Vorjahren – ein dickes Minus von 17 Prozent. Klar, es lag am Jahrhundertsommer und an der WM. „Das vergangene Jahr war hoffentlich nur ein Ausreißer nach unten“, sagte Grütters; saisonal bedingte Schwankungen bemerkten die Kinos sofort.
Auch wenn die Filmtheater die Folgen der immer beliebteren Streamingdienste fürchten: Von einem anhaltenden Trend des Kinosterbens kann im Moment nicht die Rede sein. Zwar meldete die „Münchner Abendzeitung“ das baldige Aus des Gabriel Filmtheaters, Deutschlands vermutlich ältestem Kino – die Betreiber sehen sich gezwungen, das gesamte Gebäude zu verkaufen. Das Branchenmagazin „Blickpunkt Film“ weist jedoch darauf hin, dass die Anzahl der deutschen Kinosäle seit 2013 gestiegen ist. International sieht es noch besser aus: Weltweit stieg die Zahl der Leinwände 2017 um acht Prozent – was vor allem an Ländern wie China liegt.
Vor der Berlinale sprach Grütters auch die Filmförderung an: Die nächste Gesetzesnovelle steht bevor, derzeit geht es vor allem darum, die Streamingplattformen mit in die Abgabe-Pflicht zu nehmen und bisherige Regelung bei den „Verwertungsfenstern“ anzupassen. Netflix und Co. verweigern die bisherige exklusive Kino-Auswertungszeit von meist 120 Tagen, bevor ein Film als DVD, im TV oder online weiter vermarktet werden darf, weshalb die meisten Kinos Netflix-Produktionen wie „Roma“ nicht herausbringen - obwohl sie mit zehn Nominierungen zu den Oscar-Favoriten zählt.
Grütters schlägt einen Runden Tisch zur Zukunft der 400 Millionen Euro an Fördermitteln von Bund und Land vor. „Verleiher haben andere Interessen als Produzenten, Schauspieler andere als TV-Intendanten, Kino-Betreiber andere als Drehbuchautoren,“ sagte die CDU-Politikerin. Einer Öffnung der Festivals für Streamingdienst-Produktionen steht Grütters skeptisch gegenüber. Beu Festivals gehe es nicht darum, Filme abzuspulen, sie müssten ein „Verhandlungsort über die Qualität von Kinofilmen bleiben“, sagte die CDU-Politikerin. Es gehe auch um Gemeinschaftserlebnisse. Bisher lässt das Filmfest von Cannes anders als Venedig Streamingdienst-Produktionen nicht zum Wettbewerb zu, solange sie keinen französischen Kinoverleih haben. Die Berlinale zeigt mit Isabel Coixets „Elisa y Marcela“ erstmals einen Netflix-Film im Wettbewerb zu und verweist darauf, dass eine Kinoauswertung in Spanien vorgesehen ist.
Bislang bekommen reine Streamingproduktionen in Deutschland auch keine Filmförderung. Grütters schließt jedoch nicht aus, dass sich das ändert, auch wenn es gute Gründe für die jetzige Philosophie gebe: „Kinos sind Kulturorte, da werden gesellschaftliche Themen verhandelt.“
Bei der Berlinale legt der Bunde eine halbe Million Euro drauf
Dass die 69. Berlinale, die am Donnerstagabend eröffnet, unter 17 Wettbewerbsfilmen sieben von Frauen zeigt und sich sichtlich für die Chancengleichheit der Frauen engagiert, begrüßt die Kulturstaatsministerin und nennt es „ein Zeichen der Klasse des scheidenden Festivalchefs Dieter Kosslick“, mit Verweis auf Jury-Präsidentin Juliette Binoche und Ehrenpreisträgerin Charlotte Rampling. Der Bund erhöhte seinen Anteil am Gesamtbudget (26 Millionen Euro) dieses Jahr um eine halbe Million auf 8,2 Millionen Euro. 2020, zum 70. Geburtstag der Berlinale unter der neuen Leitung von Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek, soll es nochmal eine halbe Million Euro mehr sein. chp (mit dpa)