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Das ehemalige Postgebäude in Washington, in dem 30 Jahre lang NEA und NEH residierten, wurde 2013 von Donald Trump übernommen und zum Hotel umgebaut.
© REUTERS

Trump droht mit Kürzungen bei der Kulturförderung: Krieg gegen die Kunst

Der neue US-Präsident könnte die beiden staatlichen Fördereinrichtungen für Kultur NEA und NEH abschaffen.

Eine Hiobsbotschaft: Präsident Trump will den zwei wichtigsten amerikanischen kulturellen Fördereinrichtungen NEA (National Endowment for the Arts) und NEH (National Endowment for the Humanities) die Mittel dramatisch kürzen. Es ist der erste große Angriff der Republikaner gegen das liberale Kunstverständnis der USA.

Kaum ein Tag im Amt, wirft die Reformwut des neuen Präsidenten ihre Schatten voraus: Wie die Zeitschrift „The Hill“ berichtet, plant Trump als eine seiner ersten Amtshandlungen die Subventionen für die beiden wichtigsten staatlichen Förderinstrumente für Kultur zu streichen. Die NEA, zuständig für die Förderung von Organisationen und Einzelprojekten aus bildender Kunst, Literatur, Theater, Musik oder Design, 1965 von Präsident Lyndon B. Johnson gegründet, und die NEH, zuständig für die Förderung von Bildungs- und Konservierungsprogrammen, darunter Bibliotheken, könnten im schlimmsten Fall komplett abgeschafft werden.

Noch ist unklar, wann und in welchem Umfang die Streichungen durchgeführt werden. Der Zeitungsbericht bezieht sich auf ein geheimes Dokument, das vom neuen Trump-Team verfasst wurde und nun im Weißen Haus kursieren soll. „Das Ziel ist eine radikale Kürzung der Staatsausgaben“, schreibt Alexander Bolton in dem Beitrag. „10 Billionen US-Dollar sollen im Laufe der nächsten zehn Jahren eingespart werden.“ Eine beträchtliche Summe, wenn man bedenkt, dass die gesamten Staatsausgaben im Jahr 2016 bei rund 3,9 Billionen US-Dollar lagen. Der Aufschrei im Kultursektor ist groß. Nicht nur die staatlichen Institutionen NEA und NEH könnten von den Streichungen betroffen sein, sondern auch Kultursendungen im Radio und Fernsehen sowie Förderprogramme im schulischen und universitären Bereich.

In den Vereinigten Staaten spielt die staatliche Förderung ohnehin eine kleine Rolle, das private Engagement zählt

Dabei ist in den USA die kulturelle Unterstützung des Staates ohnehin gering. Die NEA, einzige staatliche Förderin der Künste, erhielt im vergangenen Jahr 148 Millionen US-Dollar. Das sind zwar 60 Millionen Dollar mehr als 2010. Doch wenn man die inflationäre Entwicklung berücksichtigt, ergibt sich bereits jetzt eine dramatische Unterfinanzierung von 140 Millionen. In einem internen Bericht der Organisation „Americans for the Arts“ heißt es: „Wenn sich das Budget der NEA seit 1992 nicht geändert hätte und inflationsbedingt angehoben worden wäre, müsste das Budget heute 289 Millionen US-Dollar betragen.“ Im Vergleich: 2016 betrug die Kulturförderung in Deutschland rund 1,63 Milliarden Euro.

Menetekel. In den 80ern löste Andres Serranos „Piss Christ“ schon einmal eine Auseinandersetzung um staatliche Förderung in den USA aus. Seine Fotografie provoziert weiterhin. Bei einer Ausstellung 2011 in Avignon wurde sie von religiösen Eiferern attackiert.
Menetekel. In den 80ern löste Andres Serranos „Piss Christ“ schon einmal eine Auseinandersetzung um staatliche Förderung in den USA aus. Seine Fotografie provoziert weiterhin. Bei einer Ausstellung 2011 in Avignon wurde sie von religiösen Eiferern attackiert.
© AFP

Formal muss der amerikanische Kongress allen Streichungen zustimmen. Aber das dürfte nur eine geringe Hürde sein, denn das Haus befindet sich seit mehreren Jahren fest in republikanischer Hand. Zahlreiche Politiker des Senats haben bereits durchblicken lassen, dass sie von staatlicher Kulturförderung nichts halten. Sie wollen die Künste dem Markt überlassen, privat organisieren oder am besten ganz abschaffen. Zudem ist es kein Zufall, dass sich der Sparplan eng an einem Budget-Vorschlag der erzkonservativen „Heritage Foundation“ orientiert.

Die republikanische Stiftung fordert seit Jahren die Abschaffung der NEA, die von ihren nun erstarkten Gegnern als „Wohlfahrt für kulturelle Eliten“ angesehen und damit als überflüssig erachtet wird. Außerdem versucht die „Heritage Foundation“ die Begnadigung der Whistleblowerin Chelsea Manning sowie eine weitere Förderung der gesetzlichen Krankenversicherung „Obamacare“ zu verhindern. Der Versuch einer Abschaffung der NEA ist nicht neu: Schon Ronald Reagan hatte sie sich in den 80ern zum Ziel gesetzt.

Anfragen des Tagesspiegels wollten NEA und NEH nicht beantworten. Die Reaktion von dort bestand in einer nüchternen E-Mail: „Wir spekulieren nicht über Entscheidungen des Präsidenten oder des Kongresses, die gefällt oder nicht gefällt werden könnten.“ Dennoch lässt sich der Angriff auf die beiden Organisationen als symptomatisch für das neue antiliberale Klima in den USA beschreiben. Wie ein Menetekel wirkt es da, dass Trump die beiden Organisationen NEA und NEH 2013 aus dem ehemaligen Postgebäude in Washington D.C. warf, das seit 1983 deren Hauptsitz war. Trump hatte das Haus käuflich erworben und darin ein Hotel eröffnet, an dem er am Tag der Inauguration im gepanzerten Präsidentenauto winkend vorbeifuhr.

Kaczynski in Polen, Erdogan in der Türkei, Orbán in Ungarn - wie sie dürfte sich Trump nur für erbauliche Kunst einsetzen

Die dramatischen Veränderungen im Machtgefüge bekommen jetzt besonders schmerzhaft die Kultureinrichtungen zu spüren. Wie in anderen Ländern schlägt sich in der Kulturförderung die Ideologie des Staates nieder. Präsident Donald Trump wird seinen Kunstgeschmack ähnlich rigide durchzusetzen versuchen wie Präsident Kaczynski in Polen, Präsident Erdogan in der Türkei oder Ministerpräsident Orbán in Ungarn: Gefördert wird ausschließlich erbauliche Kunst, die dem nationalistischen Selbstverständnis der Regierung dient.

Ein ähnlich begrenztes Kunstverständnis besitzen auch die Republikaner. Seit Jahrzehnten führen sie einen erbitterten Krieg gegen die Künste, die in ihren Kreisen als liberal und unsittlich gelten. Bestes Beispiel ist eine Hetzkampagne gegen Andres Serrano: Der zuvor von der NEA großzügig geförderte Künstler provozierte 1987 mit seiner Fotografie „Piss Christ“ in einer Ausstellung einen Riesenskandal: Sie zeigt ein Kruzifix, das in einem Glas mit trüber Flüssigkeit steckt, dem Urin des Künstlers.

Der republikanische Senator Jesse Helms sagte anschließend über Andres Serrano: „Er ist kein Künstler, er ist ein Arschloch.“ Diese Art von Kunstdiskurs könnte die nächsten vier Jahre die USA prägen.

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