Humboldt-Forum: Kostenlos, aber nicht umsonst
Einstand: Die drei Schlossherren des Humboldt-Forums Dorgerloh, Koch und Spies bei ihrer ersten Diskussion.
Es wirkt entspannt, das neue Triumvirat an der Spitze des Humboldt-Forums. Die drei Hauptverantwortlichen präsentieren sich mit lockeren Hemdkragen und gelösten Gesichtern als sie am Donnerstagabend zum ersten Mal gemeinsam auftreten. Der CDU-Landesverband hat die neu konstituierte Dreierspitze aufs Podium gebeten: Hartmut Dorgerloh, den Generalintendanten des Humboldt-Forums, Lars-Christian Koch, den Direktor der Sammlungen des Ethnologischen Museums, sowie Paul Spies, den Chefkurator des Landes Berlin im Schloss.
In eineinhalb Jahren soll das Haus eröffnet werden und alle fragen nach Dorgerlohs Plänen, auch wenn er erst seit 1. Juni im Amt ist. Man will wissen, ob der Laden läuft und wie die Herren harmonieren. Immer wieder hatte es in den Gremien des Humboldt-Forums vernehmlich gerumpelt, zuletzt, als die in Berlin lehrende, französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy die Expertenkommission verließ, mit der Bemerkung, das Haus sei wie „Tschernobyl“, vieles werde unter einer Blei-Decke gehalten, es fehle an Transparenz und Provenienzforschung.
„Wir sind sehr froh“, sagt Paul Spies und meint damit sich selbst und Sammlungsdirektor Koch, der im März ins Amt berufen wurde. Den Satz lässt er lange im Raum stehen. Er will deutlich machen, wie groß die Erleichterung darüber ist, dass mit Dorgerloh endlich jemand da ist, der die Zügel in die Hand nimmt. „Wir haben die Inhalte im Griff“, sagt Spies, der soeben in seiner Funktion als Direktor des Stadtmuseums das verstaubte Märkische Museum komplett neu ausgerichtet hat. Aber jemand müsse dafür sorgen, dass der Betrieb laufe und ein Programm auf die Beine stellen, das imstande sei, die Ausstellungen im Humboldt-Forum immer wieder aufs Neue erlebbar zu machen. „Daneben brauchen wir eine gute Logistik, Service, Vermittlung, Bildungsprogramme, Vernetzung in der Welt und mit den Herkunftsgesellschaften“, so Spies. In dem Moment klingt Dorgerlohs Aufgabe nicht nach großem All-Over sondern nach sehr viel harter Arbeit.
Komplexe Konstellationen reizen Dorgerloh
Der scheint’s zu mögen. Gerade die komplexe Konstellation aus unterschiedlichen Beteiligten und schwierigen Inhalten mache den Reiz für ihn aus, sagt der ehemalige Chef der Preußischen Schlösser und Gärten, der beim Humboldt-Forum seit 2008 in verschiedenen beratenden Funktionen tätig war. Anderthalb Jahre hat er Zeit, um das Haus zum Laufen zu bringen. Von Tag eins ab Eröffnung wolle er dafür sorgen, dass die Berliner ebenso zufrieden sind wie Touristen und Gäste aus aller Welt. Das Haus soll voll sein, und doch soll niemand durch lange Warteschlangen abgeschreckt werden. Wer wenig Zeit hat, soll ebenso seinen Spaß haben wie der Ganztagsbesucher. Das Humboldt-Forum soll ein „offenes Haus“ werden. Offen für Kontroversen, für globale Fragestellungen und für ein disparates Publikum, sagt Dorgerloh, der aus Ostdeutschland stammt und glaubhaft versichern kann, dass Ossis wie Wessis sich im Programm wiederfinden werden. Wie man überhaupt geneigt ist, diesem Mann alles Mögliche zuzutrauen.
Im Erdgeschoss soll bereits deutlich werden, dass das Haus anders ist als ein Museum. Auf einem riesigen Screen wird in acht Minuten die Geschichte des Ortes erzählt. Ein meterhoher Kosmograf macht Lust auf Humboldts Weltsicht, im Eingangsbereich gibt es ein Café, und ein zweites auf der Dachterrasse. Die Ausschreibungen für die Gastronomie laufen. Auch Koch und Spies geben einen Schnelldurchlauf durch „ihre“ Etagen, vom ersten Stock mit Berlin-Ausstellung und Humboldt-Akademie bis zu den ethnografischen Sammlungen, die aus der Sicht der Gegenwart betrachtet werden sollen.
Wie der kostenlose Schlossbesuch auf die umliegenden Museen wirken werde, die ja Eintritt verlangen, ist nicht abzusehen. „Dieses schwierige Thema müsse man in der Solidargemeinschaft der Kultureinrichtungen diskutieren“, so Dorgerloh. Spies hält den kostenlosen Eintritt nur dann für sinnvoll, wenn neben Touristen auch Zielgruppen angezogen werden, die sonst überhaupt nicht ins Museum gehen. Ob das gelingt, soll die dreijährige Kostenlos-Phase zeigen. Vielleicht muss nachjustiert werden. Immerhin hat man nach dem Abend den Eindruck, dass die Dinge erst mal laufen.