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Eine Liebe am Meer. Natalie Portman und Christian Bale in „Knight of Cups“.
© Melinda Sue Gordon

"Knight of Cups" auf der Berlinale: Komparsen des Lebens

Terrence Malicks „Knight of Cups“ zeigt Natalie Portman, Cate Blanchett und Christian Bale in unglücksseligem Liebestaumel - und erinnert daran, dass die Menschen nur zufällig dem Wasser entstiegen sind.

Mitunter scheint es bei dieser Berlinale, als holte sie selber die verrosteten Folterwerkzeuge aus dem Museum, mit denen wir Kritiker ihre Macher gerne mal quälen. Eines davon heißt „Star-Vehikel“, und das etwas hakelig daherstöckelnde Wort bezeichnet Filme, die nur ihrer bitteschön anreisenden Weltstars wegen eingeladen werden. Regiehandschrift? Unwichtig. Story? Eigentlich auch egal. Qualität? Reden wir von was anderem.

Ein bisschen hat das gepasst beim Eröffnungsfilm „Nobody Wants the Night“, Juliette Binoche war zugegen, aber zumindest das Kunstwollen von Regisseurin Isabel Coixet und ihre Grundlust an der Story waren erkennbar. Sehr viel mehr dann bei der Kitschbombe „Queen of the Desert“ von einem gewissen Werner Herzog, aber mit Nicole Kidman, die durch den Film so stolzierte wie in „Grace of Monaco", dem letztjährigen Cannes-Eröffnungsfilm unseligen Angedenkens. Und nun Terrence Malicks „Knight of Cups“? Der ist gar kein Star-Vehikel, obwohl Christian Bale, Cate Blanchett und Natalie Portman sich die Hollywood-Supervillenklinken in die Hand geben.

Christian Bale hat unglückliche Affäre mit Natalie Portman

Nun ist Malick selber der berühmteste Unsichtbare des US-Kinos und als Star auf Podien unbuchbar. Andererseits dienen auch Top-Stars stets gern als elaborierte Statisten der Malick-Idee, mit gewaltigem Voice Over zu noch gewaltigeren Bilderfluten dem Urgrund des Daseins auf der Spur zu sein – mal philosophisch eindringlich, mal bloß monomanisch, meist aber beides.

„Finde die Wirklichkeit hinter der Illusion. Dein Seelenfluss liegt direkt vor dir“: So definieren einschlägige Kompendien die titelgebende Tarotkarte „Ritter der Kelche“. Wobei Malick diesmal seine Protagonisten konturierter als zuletzt in „To the Wonder“ mit biografischer Basis versieht. Bale spielt den sich selbst fremden Schauspieler Rick: Die kinderlos gebliebene Ehe mit einer von Cate Blanchett verkörperten Blonden hat er hinter sich, die unglückliche Affäre mit einer zarten Dunkelhaarigen (Natalie Portman) ereilt ihn unterwegs. Emotional ähnlich fern agieren zudem Vater und Bruder, nur in Brüll- und Zerstörungsattacken einander fatal zugetan. Und der zahlreiche Figurenrest, das sind die Komparsen des Lebens.

Terrence Malick ohne Figurenentwicklung

Das kalifornische Setting, von Emmanuel Lubezki („Birdman“) visuell betörend eingefangen, könnte in seiner Fixierung auf die Reichen und Schönen von der Erfüllung des amerikanischen Traums erzählen, davon, wie es ist, endlich ganz oben zu sein. Leidenschaftlicher aber ist der Regisseur dem amerikanischen Träumen verfallen, wobei zwischen Albtraum und Traum kein Unterschied zu sein scheint. Zu sehr dementieren die Bilder Ricks voranschlingernden Kommentar: „All diese Jahre lebte ich das Leben von jemandem, den ich nicht mal kannte“, heißt es zunächst, und am Schluss nicht wirklich hoffnungsfroh: „Beginne.“

Wer sein Zuschauerheil in der Figurenentwicklung sucht, liegt bei Malick auch diesmal falsch. Tatsächlich will er verführen mit buchstäblich jedem Bild und überlässt sein Publikum ansonsten sich selbst. Soll es doch sehen, was es mit den an den Werbewänden entlanggleitenden Kamerafahrten anfängt, den Zeitrafferstrecken über nächtliche Highways, den Ödipus-Assoziationen vom geblendeten Alten und der Überfülle an schönen und durchaus spärlich bekleideten Frauen. Sind sie die trostreiche Altmännerfantasie eines 71-jährigen Filmemachers oder das flüchtig körper- und noch flüchtiger seelenwärmende Material des jungen Solipsisten Rick, der auch mal mit einer Stripperin in Las Vegas auf Gefühlssuche geht?

Was besonders auffällt: Immer wieder treibt es „Knight of Cups“ ans und ins Wasser, ob im Ozean, in Aquarien oder Pools. Der nur manchmal ermattende Rausch, in den einen dieser siebente Malick-Film zieht, lässt an die Menschen wie an Reptilien denken, die nur zufällig dem Wasser entstiegen sind. Nur schnappen sie sich, anders als Hunde, die in Bassins absonderlich dahinsinkenden Tennisbällen hinterherjagen. ihre Beute an der Luft. Nur so eine Idee von mir, scheint Malick dem Zuschauer ins Ohr zu raunen; mach was damit.

9.2., 12 Uhr, 11.2., 9:30 Uhr, 13.2., 15 Uhr, 15.2., 13 Uhr (Friedrichstadtpalast)

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