Zum Tod von Barbara Kisseler: Kombattantin der Künste
Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler engagierte sich insbesondere für das Theater. Ihr größter Erfolg: das Ende der Krise um die Elbphilharmonie.
Der Schrecken über die Todesnachricht ist in den offiziellen Reaktionen zu spüren. So viel hätten die Wegbegleiter, Mitstreiter und auch politischen Gegner von Barbara Kisseler noch mit ihr noch diskutieren, erkämpfen, realisieren wollen, das wird darin deutlich. Die Hamburger Kultursenatorin starb am Freitag nach schwerer Krankheit mit nur 67 Jahren; noch Ende vergangenen Jahres hatte sie gehofft, den Kampf gegen den Krebs gewonnen zu haben. Fassungslosigkeit spricht aus den Worten des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz, der sie 2011 nach dem Wahlsieg der SPD nach Hamburg geholt hatte, Bestürzung aus dem sehr persönlichen Kondolenzschreiben von Kulturstaatsministerin Monika Grütters über den Verlust einer engagierten Kombattantin auch auf Bundesebene.
Fünf Jahre lang blieben der energischen Kulturpolitikerin, um die Geschicke der Hansestadt zu gestalten. Einer Fügung des Himmels kam ihre Berufung den Hamburgern damals gleich, die das Image der Kulturstadt zunehmend ramponiert sahen: die Elbphilharmonie begann gerade, sich zu einem Skandal auszuwachsen, die Museumsszene befand sich am Boden, an der Oper kriselte es wegen der glücklosen Ära von Simone Young. „Kultur gibt es nie genug in der Stadt und in Hamburg schon gar nicht“, erklärte Kisseler gleich zu Beginn ihrer ersten Amtszeit, die 2015 noch einmal verlängert worden war. Im Mai letzten Jahres war sie außerdem zur Präsidentin des Deutschen Bühnenvereins gewählt worden.
Zwar verfügte Barbara Kisseler als Kultursenatorin nur über den kleinsten Etat im Budget des Stadtstaates, entfaltete damit jedoch enorme Wirkung. Einer Partei trat sie bis zuletzt nicht bei, auch wenn sie 2009 für die Kulturpolitik im Kompetenzteam des SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier zuständig gewesen war. Als Kultursenatorin holte sie Kent Nagano und George Delnon an die Spitze der Staatsoper, Karin Beier ans Schauspielhaus, schuf den Verbund der historischen Museen und schaffte es durch zähe Verhandlungen, das Desaster um die Elbphilharmonie abzumildern. Die Eröffnung dieses Prestigebaus der Schweizer Stararchitekten Herzog & de Meuron und auch die Premiere des von ihr angestoßenen Festivals „Theater der Welt“ im kommenden Frühjahr erlebt sie nun nicht mehr.
Barbara Kisseler war so etwas wie eine geborene Kulturpolitikerin. Die studierte Theaterwissenschaftlerin und einstige WDR-Journalistin begann schon kurz nach ihrem Hochschulabschluss am Bonner Kulturdezernat. Nach weiteren Stationen als Chefin der Kulturämter von Hilden und Düsseldorf ging die gebürtige Rheinländerin und viertälteste Tochter einer zwölfköpfigen Familie als Abteilungsleiterin ans niedersächsische Kultusministerium. Von dort wurde sie 2003 als Staatssekretärin für Kultur nach Berlin berufen, wo sie ab 2006 bis zu ihrem Wechsel nach Hamburg als Chefin der Senatskanzlei wirkte.
In ihre Berliner Amtszeit fiel vor allem die Restitution des Kirchner-Gemäldes „Der Potsdamer Platz“ aus dem Bestand des Brücke-Museums an die Erben des jüdischen Vorbesitzers. Damit stieß Kisseler eine bis heute geführte, immens wichtige Debatte um Kunstraub und Wiedergutmachung an. Der Förderverein des Museums nahm ihr die inzwischen zehn Jahre zurückliegende Rückgabe übel und versuchte, diese mit einer Strafanzeige wegen Untreue gegen Kisseler, den damaligen Kultursenator Flierl und Finanzsenator Sarrazin zu verhindern. 2008 wurde das Verfahren endgültig eingestellt. „Wenn man aus Berlin kommt, kann einen nichts mehr schocken“, gab die frisch berufene Hamburger Senatorin dazu gerne zum Besten.
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