Im Kino: die Komödie "Plötzlich Papa": Kind im Korb
Ziemlich niedlich: Omar Sy muss sich in der französischen Wohlfühl-Komödie „Plötzlich Papa“ jetzt auch als Vater beweisen.
Mit röhrendem Motor rast die Yacht übers Wasser. Gischt spritzt, der Kapitän am Steuer brüllt voller Freude und charmiert nebenbei offensiv seine weiblichen Passagiere. Sam versteht seinen Job an der südfranzösischen Küste eher als Animateur denn als Bootsführer und folgt dabei ausschließlich seinen eigenen Regeln. Und seine Chefin macht gute Miene, solange die Kasse stimmt. Omar Sy ist seit seiner Rolle als respektloser, etwas ordinärer Krankenpfleger in „Ziemlich beste Freunde“ (2011) der postmigrantische Vorzeige-Star des französischen Wohlfühlkinos – mit der Konsequenz, dass er seitdem auf einen immer ähnlichen Rollentypus festgelegt ist.
In „Plötzlich Papa“ wird er überraschend mit den Folgen eines Seitensprungs aus dem vergangenen Sommer konfrontiert. Als Kristin (Clémence Poésy) bei ihm auftaucht und einen Korb mit einem Baby hinterlässt, ist er gezwungen, Verantwortung für das hilflose Wesen zu übernehmen. Das tut er nach anfänglichem Widerstand so, wie er es am besten kann: mit Lärm und viel körperlichem Einsatz.
Die Suche nach der abgetauchten Mutter führt Vater und Tochter schließlich nach London. Dort trifft Sam gleich einen schwulen Filmproduzenten, bei dem er und Gloria einziehen. Der besorgt ihm praktischerweise auch gleich noch einen Job als Stuntman. Jahre später – Glorias Kindheit wirkt wie ein einziger Rummelplatzbesuch – taucht die Mutter unangekündigt wieder auf und bringt die schöne Harmonie noch einmal ordentlich durcheinander. Es braucht darum noch zwei verblüffende Drehbuch-Wendungen, bis „Plötzlich Papa“ zum Ende hin einen beinahe nachdenklichen Ton anschlägt.
Zuvor allerdings kracht und klotzt es fast 100 Minuten lang vor sich hin, so dass man sich irgendwann fragt, was die ganze Aufregung überhaupt soll. Es scheint nicht nur, als habe der relativ unerfahrene Regisseur und Drehbuchautor Hugo Gélin seinem Hauptdarsteller Omar Sy schlicht die Show überlassen. Auch das Script kapituliert vor lauter vermeintlich schrägen Einfällen. Sams Vermieter zum Beispiel kann dem Drang nicht widerstehen, jedem heterosexuellen Mann aufdringlich zuzuzwinkern. Die Film-im-Film- Crew besteht aus geltungssüchtigen Trotteln und das Familiengericht aus holzschnittartigen Klemmis. Kein Klischee ist zu abgenutzt, als dass es in diesem Film nicht noch Verwendung fände.
Die junge Hauptdarstellerin Gloria Colston ist eigentlich Rapperin und DJane
Szenen- und Kostümbild tragen zur allgemeinen Hysterie bei. Die vielen bunten Einrichtungs- und Kleidungsstücke scheinen dem Ensemble Konkurrenz machen zu wollen. Und dann ist da noch die putzige Hauptdarstellerin: Die 12-jährige Franko-Kanadierin Gloria Colston ist eigentlich Rapperin und DJane. Sieht man sich auf Youtube ihre Videos an, in denen sie mit Unterstützung von Breakdancern ihre Show abzieht, muss man sich über ihre professionelle Darstellung in „Plötzlich Papa“ nicht wundern. Das unvorhersehbare Ende versöhnt wenigstens mit dem Klamauk, weil es schließlich doch noch Fragen nach Verantwortung, Elternschaft und Rollenstereotypen stellt. Damit hätte Gélins Film allerdings auch ruhig schon etwas früher anfangen können.
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Daniela Sannwald
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