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Gleich macht es schnapp. Der geklonte Saurierhybrid Indominus Rex hat immer Appetit auf Menschenfleisch.
© Universal

Die Kino-Dinos sind wieder da: "Jurassic World": Killerechse mit Köpfchen

Größer, schneller, lauter: "Jurassic World" will seine Vorgänger in Sachen Action übertrumpfen. Und lässt die Frage nach einer möglichen Fortsetzung locker offen.

Die Ära der modernen Blockbuster begann vor 40 Jahren mit einer Badeszene: Ein jungverliebtes Paar tollt in den Dünen, sie streift ihre Kleidung ab, schwimmt in den Sonnenuntergang, die Kamera weidet sich suggestiv an ihrem Körper – und dann schnappen sie zu, die Kiefer (Originaltitel „Jaws“), die Filmgeschichte geschrieben haben. Steven Spielbergs „Der weiße Hai“ hat 1975 nicht nur das Badeverhalten, sondern auch die Kinogewohnheiten von Millionen verändert.

Zuvor waren Hollywoods größte Hits Materialschlachten, mit Statistenheeren und monströsen Kulissenbauten: Sandalenepen wie „Ben Hur“ oder das Bürgerkriegsdrama „Vom Winde verweht“, inflationsbereinigt wohl immer noch der teuerste Film. „Jaws“ kostete neun Millionen Dollar, eingespielt hat er eine halbe Milliarde. Der Film wurde zum Ereignis, zum talk of the globe. Aufwand wurde durch Spektakel ersetzt, Schlachtengetümmel durch Schockeffekte, bei deren Dosierung Spielberg viel von Altmeister Hitchcock gelernt hatte.

Natürlich gab es rasch Nachahmer, die sich an den Erfolg anhängen wollten: Riesenkraken, Mörderwale, diverse weitere Killerhaie. Hollywood hatte nie Skrupel, wenn es darum ging, eine Cash Cow zu melken. Dennoch war das erste Jahrzehnt des Blockbusterfilms eine wundersame Zeit, in der sich immer wieder Qualität gegen teuren Schrott durchsetzen konnte, in der das Publikum untrüglich spürte, dass George Lucas’ „Star Wars“ visionär war, der erste „Star Trek“-Film oder „Superman“ hingegen plump.

Fortsetzung folgt... fast immer

Spielberg blieb für zwei Jahrzehnte der König der Blockbuster, weil er immer wieder ikonische Figuren erfand: den heimwehkranken Weltraumgnom E.T., den peitschenschwingenden Extremarchäologen Indiana Jones – und den Tyrannosaurus Rex in „Jurassic Park“. Zwar haben die Urzeitechsen seit „Gertie the Dinosaur“ (1914) regelmäßig die Kinoleinwände heimgesucht, doch erst die Spezialeffekte von Industrial Light & Magic ermöglichten ihre Kino-Exhumierung. Ironischerweise bekam Spielbergs Blockbusterlaufbahn einen Knick – ausgerechnet mit seinem erfolgreichsten Film. Nach den Oscars für „Schindlers Liste“ und „Der Soldat James Ryan“ ließ seine Lust am Spektakel nach.

Als Kinogattung aber ist der Blockbuster omnipräsenter als je zuvor. Besonders zu Weihnachten und an amerikanischen Feiertagen wie dem 4. Juli oder Thanksgiving verstopfen Big-Budget-Produktionen einen Großteil der rund 40 000 US- Kinosäle. Die Qualität des zeitgenössischen Blockbusters wird gern beklagt, mangelnde Originalität, die Fixierung auf Fortsetzungen. Tatsächlich sind über 70 der 100 erfolgreichsten Filme Teil eines Franchise, gerecht verteilt auf Fantasy, Superhelden, Animation und Harry Potter. Aktuell steht die Kritikergemeinde fassungslos vor dem Welterfolg der Muscle- Car-Saga „Fast & Furious“ und zöge – wenn schon was mit Autos – ein Durchstarten von George Millers anarchofeministischem „Mad Max“-Reboot vor. Doch die Wege des Publikums sind unergründlich, das „Marken“ eher vertraut als originären Filmstoffen – Ausnahmen wie „Gravity“ bestätigen die Regel.

Der Held bleibt cool

Insofern ist es verständlich, dass Universal Pictures 22 Jahre nach „Jurassic Park“ (und 14 nach dem letzten Sequel) wieder Dinosaurier ins Rennen schickt. Interessanterweise thematisiert „Jurassic World“ die den meisten Fortsetzungen immanente Überbietungslogik. Die gebirgige Karibikinsel aus dem ersten Teil ist zu einem gewaltigen Themenpark geworden, in den täglich Zehntausende strömen. Wie bei jedem Themenpark will das Publikum neue Attraktionen, doch leider ist das Artenrepertoire begrenzt, weshalb die Genetikabteilung furchterregende Dinos „designt“. Das klappt besser als geplant: Der in der Petrischale angemischte Riesenraubsaurier ist nicht nur bösartig, sondern auch intelligent und tarnfähig. Natürlich entkommt er aus seinem Gehege und mischt die Insel auf.

„Jurassic World“ verhält sich zu „Jurassic Park“ wie der Indominus Rex getaufte Hybrid zum schlichten Tyrannosaurus: alles größer, schneller, lauter. Natürlich bietet der von Colin Trevorrow für knapp 180 Millionen Dollar gedrehte Film 3-D- Action satt, blutige Saurierkämpfe und in Mäulern verschwindende Nebenfiguren. Als Heldendarsteller wurde Chris Pratt eingekauft, der durch die Superheldenkomödie „Guardians of the Galaxy“ in die Liga der Hollywood-Jungstars aufgestiegen ist. Als Dompteur für die beliebten Velociraptoren (kleine intelligente Raubsaurier) bewahrt er allein einen kühlen Kopf, während alle in heilloser Panik durcheinanderrennen. Selbstredend dürfen niedliche Kinder in Lebensgefahr nicht fehlen: Die beiden Neffen der erst abgebrühten, dann hysterischen, schließlich heldenhaften Park-Managerin (Bryce Dallas Howard) juckeln just in einem „unzerbrechlichen“ Kugelfahrzeug über die Insel, als die Monsterechse ausbüxt.

Kein Jurassic-Film auch ohne Figuren, die vom Chaos zu profitieren trachten: Hier sind es skrupellose Militärs, die Kampfsaurier für den Krieg züchten wollen, von der wahren Natur dieses Zerrbilds der Evolution aber keinen Schimmer haben – und folglich als Saurierfutter enden. Das alles ist arg altbekannt. Dennoch fängt „Jurassic World“ den Geist des in Bild- und Musikmotiven wiederholt zitierten Originals gelungen ein und stellt mit seiner runderneuerten Crew (Spielberg ist nur noch als „Executive Producer“ dabei) die Echsensaga wieder auf null – selbstverständlich mit der Option auf weitere Fortsetzungen.

In 22 Kinos; Originalfassung: Cinestar, SonyCenter, Imax und Zoo Palast

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